SABAB LOU WOCHENSCHAU: 26.02. – 11.03.2018

Nach sechs langen Monaten gibt es endlich eine neue Regierung. Dann kann ja jetzt agiert werden – die hochgelobten Investitions-Programme warten auf ihre Umsetzung. Aber wo ist eigentlich der landwirtschaftliche Fokus geblieben? 

Lassen Sie mich mit einem kritischen Zitat auf digitaldaily.de beginnen:

„Mit ihren milliardenschweren Agrarsubventionen verbilligt die EU nach wie vor ihre Exporte. Es ist diese unfaire Praxis, die dafür sorgt, dass Hähnchenschenkel aus Deutschland, Milchpulver aus Frankreich und Tomaten aus Italien die westafrikanischen Märkte überfluten. Einheimischen Produzenten und Händlern nimmt das die Lebensgrundlage. Übrigens auch ein Grund, weswegen ganze Familien aus ihren Heimatländern fliehen. Absurderweise pumpt Brüssel aber auch jedes Jahr Milliarden in Entwicklungshilfe. Damit wird unter anderem lokale Landwirtschaft in Westafrika gefördert. Fluchtursachen bekämpfen, nennt man das wohl.“

Wir machen handelspolitisch kaputt, was wir entwicklungspolitisch fördern wollen, könnte man zynisch bemerken. Bei einem der vielen Besuche in gambischen Hotels, denen wir unser Gemüse verkaufen wollen, wird uns deshalb die Antwort gegeben: „Ah, Rote Bete, ja, die ist beliebt, aber wir bekommen sie verzehrfertig und tiefgefroren aus Holland, für 175 Dalasi (3,50€) für 2,5 Kilo.“ Derweil wurden Pick-Ups mit Säcken genormter Zwiebeln, Kartoffeln und Karotten aus Europa abgeladen.

Aber lassen Sie mich auch einige Beiträge beleuchten, die von positiven Entwicklungen in der Entwicklungszusammenarbeit sprechen.

 

Beitrag im Handelsblatt:VW Polos für Kigali – ein Baustein in Merkels Afrika-StrategieDa wäre zunächst der Artikel im Handelsblatt zu erwähnen. Die Autorin Donata Riedel betitelt ihren lesenswerten Beitrag „VW Polos für Kigali – ein Baustein in Merkels Afrika-Strategie.“ Auf verständliche Art und Weise listet die Autorin auf, was die Umsetzung des groß angekündigten Marschallplans wirklich bedeutet:

„In Tunis bekommt die Regierung beim Aufbau einer S-Bahn Unterstützung von der deutschen Entwicklungshilfe, in Namibias Hauptstadt Windhuk soll ein besseres Bussystem eingeführt werden. Ruandas Hauptstadt Kigali sollen mit VW, Siemens und SAP moderne digitale Verkehrskonzepte geschaffen werden.“

Gefördert werden also potente Unternehmen in wirtschaftlich aufstrebenden afrikanischen Staaten. Aha. Klingt eher nach einer Investitionshilfe für bereits erfolgreiche Unternehmen als eine ehrliche Unterstützung der wirklich armen Länder. Aber lesen Sie selbst.


Beitrag in der Deutschen Welle: Handel statt Entwicklungshilfe: Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo in BerlinHandel statt Entwicklungshilfe: Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo in Berlin“ – ich empfehle Ihnen diesen Beitrag der Deutschen Welle zu lesen. Ghanas Präsident spricht Klartext:

„Unsere Beziehungen zu Deutschland und anderen entwickelten Ländern sollten auf Handel und Investitionen und nicht auf Hilfe fokussiert sein“, 

sagte Ghanas Präsident.

Die Ära der Entwicklungshilfe habe dagegen einen „Geist der Abhängigkeit“ geschaffen, der für die Entwicklung Ghanas nicht hilfreich gewesen sei. 
Frau Merkel verspricht, entsprechend Privatinvestoren nach Ghana zu bringen. Aber auch in diesem Beitrag mahnt die deutsche Wirtschaft, dass es immer noch keine ausreichenden staatlichen Garantien gebe. Bleibt die Forderung von Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, man müsse nun den Compact with Africa mit Leben füllen. Versprechungen reichen nicht. Wenn man die Unternehmer für Afrika gewinnen will dann müssen Absicherungen her.


Beitrag in topagrar.com: Gerd Müller bleibt Entwicklungsminister Auf der Nachrichtenplattform Topagrar feiert man Entwicklungsminister Müller. Stefanie Awater-Esper berichtet sachlich und präzise, was noch so alles von Müller versprochen wurde:

„Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich im ländlichen Raum. Nur mit starken ländlichen Regionen können wir Hunger, Armut und den Klimawandel wirkungsvoll bekämpfen“.

Aber wo ist eigentlich der landwirtschaftliche Fokus geblieben? Ach ja, das BMZ baut jetzt ein Wissenszentrum für Ökolandbau in Afrika auf. Vielleicht lesen Sie selbst nach, möglicherweise habe ich etwas übersehen?


Beitrag auf novo-argumente.com: „Entwicklung muss von innen kommen“Wirklich lesenswert finde ich das Interview mit James Shikwati in novo-argumente.comEntwicklung muss von innen kommen.

Die Entwicklungshilfe hat Afrika erfolgreich in einen gigantischen Supermarkt verwandelt, der Produkte reicher Nationen nach Afrika schleust. Gleichzeitig hat sie die Produktion neuer Güter und Dienstleistungen sowie die Fähigkeit zur Risikominderung auf dem Kontinent selbst eingeschränkt. Die Entwicklungshilfe hat den Rohstoffabbau vorangetrieben und Innovationsdynamiken und Unternehmertum begrenzt“,

so der entwicklungspolitische Kritiker und Ökonom James Shikwati. Er wünscht sich eine Ausweitung der ´Partnerschaft mit Afrika´. Selbstbestimmt. Von innen heraus.


Lassen Sie mich die Wochenschau abschließen mit der Empfehlung des Instituts für Entwicklungspolitik, dem entwicklungspolitischen Think-Tank des BMZ. In einer über 20-seitigen Studie werden 12 strategische Empfehlungen formuliert, darunter die Dritte: „Produktivitätssteigerung in der bäuerlichen Landwirtschaft ist prioritär.“ Genau das machen wir – aber in der Berichterstattung suche ich da bislang vergeblich. 

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