Nachdem es vehemente Vorwürfe zur fortgesetzten deutschen entwicklungspolitischen Unterstützung Sambias trotz krasser Korruptionsskandale gab, fordern viele Journalisten und Medien ein Umdenken in der Entwicklungspolitik.
Da wäre der sehr empfehlenswerte Artikel im Handelsblatt „Hilfen für Afrika – Afrikaexperten und Unternehmer fordern ein radikales Umdenken in der Entwicklungspolitik“. Die Experten Drechsler, Riedel und Jahn fordern, ebenso wie bekannte Autoren und Afrikakenner, eine ehrliche Debatte darüber, welche Investitionen in welchem Land überhaupt sinnvoll seien. Ein radikales Umdenken in der Entwicklungszusammenarbeit sei erforderlich. Angekommen sei die Botschaft schon, meinen sie, vor allem durch den Druck der Flüchtlingskrise. Aber „Die Umsetzung kommt so schleppend in Gang, dass sie offensichtlich in Afrika noch kaum bemerkt wurde.“ Der Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft spricht von einem hartnäckigen Ankündigungsstadium. Die Autoren lassen auch Kritik aus dem afrikanischen Kontinent zu Wort kommen:
„Immer größere Kritik an der Entwicklungshilfe kommt von den Afrikanern selbst. Der ugandische Publizist Andrew Mwenda macht die Entwicklungshilfe direkt für Armut verantwortlich. Denn die Hilfe wirke wie eine Belohnung für korrupte inkompetente Regime und untergrabe damit den Aufbau effizienter Staatsapparate: Ohne den könne es keine modernen Staaten in Afrika geben.“
Bleibt, auf das Umdenken zu hoffen. Und zu warten.
Ein weiterer interessanter Artikel erwartet uns auf treffpunkteuropa.de „Ein Alternativvorschlag für die Beziehungen zwischen der EU und Afrika“, von Thomas Buttin, Masterstudent europäischen Wirtschaftsrechts. Buttin äußert sich kritisch besorgt über die Dominanz der Migrationspolitik, prioritär verhandelt auch im Cotonou-Folgeabkommen, welches die Handelsbeziehungen europäischer und afrikanischer Staaten beinhaltet.
„Die Abkommen zwischen Europa und Afrika zeichnen sich durch eine ausgeprägte Ungleichheit der Machtverhältnisse aus, vor allem wegen der Abhängigkeit der afrikanischen Länder von Europa. Die Gesamtheit aller (finanziellen, technischen und politischen) Strukturen pflegt beziehungsweise schafft eine strukturelle Abhängigkeit vom Wirtschaftsplan.“
Buttin stellt die Frage für wen die Präsenz in Afrika wirklich vorteilhaft ist. Für die Europäer schon, aber ..
„Wir täten gut daran, den Völkern Afrikas mehr Aufmerksamkeit schenken, um die Wiederholung von Fehler zu vermeiden, sei es der Neokolonialismus, der auf die Kolonisierung durch europäische Staaten folgte, oder auch die Schwierigkeiten, die wir mit der Achtung des Grundsatzes der Nichteinmischung in afrikanischen Ländern haben.“
Dies stünde dem Gedanken von Minister Müller, mehr Geld für good governance in Aussicht zu stellen, entgegen? Urteilen Sie selbst.
Und für alle Leser die diesen Film nicht gesehen haben – schauen Sie ihn sich doch in der ARD Mediathek an „Auf der Flucht – Die afrikanische Völkerwanderung“, ein Film von Sabine Bohland und Shafagh Laghai. Mit viel Feingespür und ehrlicher Recherche nehmen sich die Journalisten des brisanten Themas der illegalen Migration an. Die persönlichen Geschichten fordern unser Nachdenken und vielleicht Umdenken heraus.
Es lohnt sich unbedingt, diesen Film zu sehen!
Und nun zu einem sehr lesenswerten Interview mit Achille Mbembe im Deutschlandfunk Migrationspolitik –„Wenn es um Afrika geht, verlieren die Menschen den Verstand“. Christiane Habermalz interviewt den Literaturpreisträger Achille Mbembe, der, wie der Tagesspiegel kürzlich treffend formulierte, Popstar der Postkolonialismusforschung, herausragender Denker, gefragter Redner und einer der herausragendsten Historiker des afrikanischen Kontinents, ist. Das Eingangs-Statement zum Interview:
„Der kamerunische Politikwissenschaftler Achille Mbembe hat die EU aufgefordert, ihre derzeitige Afrikapolitik zu stoppen. Im Dlf sagte er, Europa dürfe nicht länger Diktatoren Geld dafür zahlen, dass sie Lager errichteten, um Migration zu verhindern – und dies auch noch Entwicklungshilfe nennen.“
Es folgt ein hochinteressantes Interview, mit kenntnisreichen, präzisen Fragen und schonungslosen Antworten. Mbembes Forderung: Man muss die aktuelle Afrika-Politik einfach stoppen!
Bitte lesen Sie dieses anregende und bewegend ehrliche Interview.
Und nun zur hervorragenden Themenzusammenfassung des Tagesspiegel zum G20 Investment Summit: „Bundesregierung – Warum die deutsche Afrikapolitik nichts gegen Fluchtursachen tut“. Journalist Paul Starzmann führt uns folgerichtig und struktureiert durch die virulenten Themen: „Mehr Investitionen für Afrika“, „Deutsche Wirtschaft sieht riesige Märkte“, „Einfuhrzoll auf europäische Produkte“ und eben „Das Märchen von der Augenhöhe“.
Starzmanns Resümee:
„Dennoch werden die deutschen Vertreter bei der G-20-Konferenz in Berlin eines beschwören: die „Augenhöhe“ zwischen Europa und seinen südlichen Nachbarn. Angesichts der vielen Widersprüche in der deutschen Afrikapolitik scheinen die beiden Seiten von „Augenhöhe“ aber so weit entfernt zu sein wie der Pariser Platz in Berlin von den Armenvierteln in Nairobi oder Lagos.“
Sie mögen sich Ihre Meinung bilden.
Und hier nun, was Minister Müller jetzt anders machen möchte: „Strategiepapier – Strikte Regeln für Entwicklungshilfe“ – eine umfassende Themenbehandlung der Deutschen Welle. Wie die Bewegung weg vom Gießkannenprinzip hin zu einer partnerschaftlich orientierten Zusammenarbeit aussehen soll, erklärt dieser lesenswerte Beitrag. Kernpunkte des Strategiepapiers ´Entwicklungspolitik 2030´ sind:
„der Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen, die Bekämpfung von Korruption und die Erhöhung der Eigenleistung der Partnerländer. Länder, die sich daran nicht halten oder schlecht abschneiden, müssen damit rechnen, von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nicht mehr berücksichtigt zu werden. Die Entscheidung, wer drinbleibt und wer rausfällt, soll im kommenden Jahr getroffen werden. Eine Ausnahme ist die reine Armutsbekämpfung, die auch in den Ländern fortgesetzt wird, in denen Diktatoren herrschen. An die Wirtschaft appellierte Müller, in den kommenden drei Jahren die Privatinvestitionen zu verzehnfachen.“
Soweit die Ankündigung.
Der Bericht bringt aber auch verschiedenste Kritiker auf den Plan, die einige Verirrungen und Rechtfertigungen kritisch hervorheben, so z.B. die unmissverständliche Aussage von Kurt Gerhardt, Kritiker und Mitbegründer des Bonner Aufrufs, „wir sollten endlich aufhören, aufzutreten als diejenigen die Afrika entwickeln wollen.“
Zu guter Letzt noch ein gerade für unsere Arbeit wichtiger Artikel auf migazin.de „Ungerechter Wettbewerb – Experte fordert Umsteuern in der EU-Agrarpolitik zugunsten Afrikas“. Wir können die Aussage, dass subventionierte EU-Agrarprodukte zur Zerstörung afrikanischer Binnenmärkte beitragen, nur unterstreichen!
„Bauern in Afrika haben gegen ihre Konkurrenten aus Europa keine Chance auf dem heimischen Markt. Europäische Bauern können ihre Ware billiger anbieten, weil sie von der EU subentioniert werden. Der frühere UN-Sonderberichterstatter Schutter fordert ein Ende dieser Politik.“
Wir müssen etwas tun!