Ich hatte Ihnen eine Zusammenfassung der Ergebnisse des 4. Agri-Business Forum des Afrika Vereins der Deutschen Wirtschaft, der am 22. Januar in Berlin stattfand, versprochen.
An der Konferenz beteiligt waren viele Landwirtschaftsminister aus Sambia, Zimbabwe, Gabon, Equatorial Guinea, Uganda, Kongo, Maurizius, Tunesien, Südafrika, entwicklungspolitische Experten und Vertreter der Deutschen Wirtschaft, respektive große und mittelständische Unternehmen. Und natürlich fehlten auch nicht die Chemiekonzerne wie Bayer und Syngenta.
Erschreckend war für mich – ich beschreibe es am ehrlichsten wohl mit einem Ausverkauf von Land – wie die Vertreter afrikanischer Staaten um Investoren warben. Wir stellen Ihnen Landfläche in jeder Größenordnung zur Verfügung, wir administrieren Ihr Business innerhalb von 2 Wochen und sichern Ihnen jedwede Unterstützung zu, war das Angebot. Um was geht es denn? Um Staatseinnahmen? Um Partnerschaften? Um die Bevölkerung?
Auch wenn unsere kleinbäuerlichen Kooperativen in der Savanne Nordost Ghanas um ihre Existenz kämpfen, so geht es doch um Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der Menschen. Und nicht um Abhängigkeiten von irgendwelcher Gunst. Der gemeinsame Widerstand gegen die Vereinnahmung von Großkonzernen und eben solche verlockende Angebote, die Gewinnmaximierung versprechen und doch nur für Abhängigkeit sorgen, kostet mich und die Frauen mehr Kraft als die Anstrengung harter Arbeit auf den Feldern.
Passend zu diesem Thema werde ich Ihnen im Folgenden noch einen Artikel empfehlen.
Lassen Sie mich zu Beginn auf einen ganz entscheidenden, explizit für meine Überzeugung stehenden Artikel von Volker Seitz verweisen. Unter dem Titel „Militanter Egoismus in der Entwicklungshilfe“ entlarvt Herr Seitz auf seiner Internetplattform achgut.com bedrückende Realitäten der Entwicklungszusammenarbeit. Ich bitte Sie, diesen Artikel in Gänze zu lesen und zu reflektieren. Erlauben Sie mir einige Zitate zu übermitteln, die den Tenor des Beitrags verdeutlichen:
„Eine wirksame Entwicklungspolitik muss dazu beitragen, dass das für die Entwicklung erforderliche Kapital in den Ländern selbst – durch Innovationsfähigkeit und eigene Arbeit – erwirtschaftet wird. Das Armenhaus Afrika ist aber seit über 50 Jahren ein Versuchslabor der Betreuungsindustrie. Noch immer werden in Afrika die Ziele der Entwicklungshilfe meist von den Gebern gesetzt, und die Afrikaner der Zivilgesellschaft bleiben Zuschauer.“
Und:
„Afrikaner wie Themba Sono, Wole Soyinka, Andrew Mwemda und George Ayittey sind überzeugt, dass Wohlstand nicht durch milde Gaben entsteht, sondern durch unternehmerische Kreativität, Arbeit, Innovation – und durch gute staatliche Rahmenbedingungen. Die Betroffenen werden selbst nicht gefragt, wie sie zur Entwicklungshilfe stehen und was ihnen ihrer Meinung nach helfen könnte. Afrikaner als Mündel zu betrachten ist die unausgesprochene Geschäftsgrundlage der allermeisten ‚Projekte‘.“
Das Mindeste was wir den Menschen geben sollten ist unsere tägliche Hinterfragung unserer Beweggründe, unserer Ziele und unserer Arbeitsweise.
Zurück zum landwirtschaftlichen Thema. Hier möchte ich Ihnen den Artikel in der Frankfurter Rundschau empfehlen, mit dem Titel „Entwicklungshilfe für Parmalat und Cargill“. Ich bedanke mich für die kritische Recherche von Kathrin Hartmann, welche die zahlreichen Initiativen unter die Lupe nimmt. Sie hinterfragt die durchaus ambitionierten Ansätze zur Ernährungssicherung, wie zum Beispiel die sogenannten „Grünen Innovationszentren“:
„Doch die Grünen Innovationszentren stehen wegen ihres technokratischen und ökonomischen Ansatzes in der Kritik. Im vergangenen November zog das Forum Umwelt und Entwicklung in ihrer Untersuchung ‚Doppelbödige Rhetorik – begrenzte Wirkung‘ Bilanz über Müllers Leuchtturmprojekt: Die Grünen Innovationszentren würden mehr den beteiligten Konzernen nutzen, während die von extremer Armut und Hunger betroffenen und marginalisierten Gruppen nicht erreicht würden.“
Berechtigte Kritik, wie ich finde. Weiterhin scheint mir ein holistischer Ansatz komplett zu fehlen. Geht es um die Erfolgssicherung der Initiativen, oder um langfristige Verbesserungen in der Landwirtschaft?
Sie mögen sich eine eigene Meinung bilden.
Das Handelsblatt berichtet über ein neues Migrationszentrum im Senegal. Der kurze faktische Bericht hält fest: „Deutschland investiert im westafrikanischen Senegal auch zusätzliche 5,6 Millionen Euro in Projekte, die gezielt Rückkehrern helfen sollen. Dadurch sollten Arbeitsmöglichkeiten in zukunftsträchtigen Wirtschaftsbereichen verbessert werden, wie das Ministerium erklärte.“
Meine Fragen dazu: geht darum, uns die vielen illegalen Migranten vom Hals zu halten? Was versprechen wir den Menschen, bzw. welches Bild vermitteln wir? Und wer profitiert wirklich? Letztere Frage möchte ich mit den Worten eines jungen Ghanaers beantworten, mit dem ich vor drei Tagen in Tamale, Ghana, sprach. Auf seine Nachfrage, wer ihn in seinem Geschäftsaufbau denn unterstützen können, verwies ich auf die hoch dotierten, EU-finanzierten „Youth Entrepreneurship Programs“. Seine spöttische, aber eher resignierte Antwort: „Wer, glauben Sie denn, profitiert denn von diesen Programmen? Ich, oder die Protegés der Minister?“
Haben Sie darauf eine Antwort?
Und dann gibt es da noch den lesenswerten Beitrag in der Neuen Züricher Zeitung, NZZ, mit dem Titel „Afrika will endlich gegen die Korruption vorgehen“ von Fabian Urech. Zum Weiterlesen dieser sehr differenzierten Recherche möchte ich einen Passus herausgreifen:
„Afrika ist nicht gleich Afrika.
Dieser ungelösten Missstände zum Trotz ist das diesjährige Fokusthema der AU aber weder neu noch besonders originell. Vielmehr gehört die Bekämpfung der Korruption auf der politischen Bühne vieler afrikanischer Länder seit Jahren zum guten Ton. Oft nimmt das Thema im Kampf um Parlaments- und Regierungssitze einen prominenten Platz ein, nicht selten setzen Politiker die Bekämpfung der Korruption gar ins Zentrum ihrer Wahlkampagne. Mit Blick auf die Statistiken scheinen die hehren Beteuerungen aber oft nur leere Worte zu sein. Die Diskrepanz zwischen Rhetorik und Realität ist mancherorts enorm.“
In der Hoffnung, Sie nicht überfordert zu haben, würde ich mich freuen, wenn Sie auch meine Äußerungen kritisch reflektieren mögen.
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