Immer wenn ich mir die Pläne und Projekte der Regierung anschaue, stolpere ich über ihre Unzulänglichkeiten. Lesen Sie ein paar empfehlenswerte Beiträge dazu.
Immer wieder stolpere ich in der entwicklungspolitischen Debatte in Gedanken über ein Zitat von Berthold Brecht. In der Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens heißt es:
Ja, mach nur einen Plan,
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ’nen zweiten Plan ,
gehn tun sie beide nicht!
Und wenn ich mir die Pläne der Bundesregierung vor Augen rufe, stolpere ich über eben diese Unzulänglichkeit. Oder wie soll ich die Sonderinitiative EINEWELT ohne Hunger einordnen, deren Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband die Förderung bäuerlicher Organisationen in Afrika beinhaltet? Im Zentrum des Projektes steht, die afrikanischen Kleinbauern wettbewerbsfähig zu machen. Wettbewerbsfähig machen, indem man mit subventionierten Agrarprodukten die afrikanischen Binnenmärkte zerstört?
Aber anstatt Sie weiter mit meiner Empörung zu beschallen, lesen Sie lieber selbst.
Ich empfehle Ihnen dringend den aufschlussreichen Beitrag in topagrar „Bauernverbände wollen Motor für eine bessere Agrarpolitik in Afrika sein“, von Lissa Peters.
Frau Peters zitiert die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth: „Afrikas Zukunft entscheidet sich im ländlichen Raum“. Wichtig seien, so schreibt Frau Peters, daher „innovative Ideen, die lokal angepasst implementiert werden können.“ Weiter schreibt sie in ihrer Zusammenfassung:
Investition in die Landwirtschaft bedeute in vielen Regionen eine Verbesserung für breite Schichte n der Gesellschaft, erklärt Flachsbarth auf der Podiumsdiskussion im BMZ. Wichtig sei nach Ansicht von Kees Blokland von Agriterra, dass die afrikanischen Landwirte und Kleinbauern realisieren, dass sie selbst etwas bewegen können: „Landwirte müssen ihre eigene Arbeitskraft einbringen und jeder für sich etwas bewirken.
Es ist mir neu, dass Landwirte in afrikanischen Staaten bislang nicht ihre Arbeitskraft eingebracht und jeder für sich etwas bewirkt haben. Aber vielleicht habe ich ja den Sinn und Zweck dieser Förderung nicht begriffen. Sie mögen mich gerne aufklären.
Die Deutsche Welle wartet mit einem lesenswerten Artikel „Europas Aufholjagd in Afrika“ auf. Es ist ein durchaus präziser und kritischer Bericht über Pläne und Vorhaben.
Die Afrika-Politik der Europäer ist seit Jahren ein Friedhof großer Worte, guter Absichten und nicht eingelöster Versprechen. Seit der Flüchtlingskrise aber ist das Interesse an einer neuen Strategie für die Zusammenarbeit mit dem Kontinent steil gestiegen. Europäische Besucher müssen mit ansehen, dass China sich mit Milliardeninvestitionen längst in großem Stil etabliert hat. Sie fürchten, in die zweite Reihe verdrängt zu werden. In seiner Rede zur Lage der Union in dieser Woche kündigte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker deshalb einmal mehr „einen neuen Pakt mit Afrika“ an.
In den nächsten 5 Jahren will die neue Allianz für Afrika 10 Millionen Jobs schaffen, so das hehre Ansinnen der EU Kommission mit Schwerpunkt auf Ausbildung und Arbeitsplätze. Die dw wartet mit der Bemerkung des EU-Entwicklungskommissars Neven Mimica auf, dass nach der endlosen Wiederholung guter Vorsätze die vorgelegten Pläne einen neuen Ansatz darstellen. Wieder fällt mir das Zitat von Berthold Brecht ein „… Und mach noch ’nen zweiten Plan“.
Weiterhin ist von einem ökonomischen Wettlauf die Rede. Berechtigt wird angemerkt:
Kritiker bemängeln, dass ein fairer Austausch schon jetzt nicht funktioniere, weil zu preiswerte europäische Produkte auf afrikanische Märkte drängten. Und wo Niedrigpreise Bauern in Europa schädigten, bekämen diese wenigstens Ausgleich über die EU-Direktzahlungen. Afrikanische Kleinbauern dagegen würden in der Existenz gefährdet.
Bitte lesen Sie diese wichtige Abhandlung.
Einen weiteren wichtigen Artikel aus der NZZ möchte ich Ihnen empfehlen, den Gastkommentar von Max D. Amstutz „In der Entwicklungshilfe ist ein Strategiewechsel nötig“. Amstutz eröffnet zwei Denkmodelle:
Man kann entweder auf eine Politik dezentraler Einzelprojekte mit lokaler Wirkung setzen oder aber das Gewicht der Hilfe auf Schwerpunkte der Unterentwicklung legen, um mit langfristig wirkenden und flächendeckenden Massnahmen das niedrige Wohlstandsniveau allmählich zu heben.
Laut Amstutz gibt es Denkmodelle die adäquat für Stiftungen und NGOs sind, und andere Anforderungen an staatliche Entwicklungshilfe. Wo Organisationen erfolgreiche Einzelprojekte durchführen, muss auf bilateraler Ebene die Messlatte wesentlich höher gelegt werden. Er verweist auf die notwendige Fokussierung dreier, seiner Ansicht nach wichtigsten Komponenten: Geburtenkontrolle, Bildung, Good Governance.
Nur durch die Bildung von Schwerpunkten und flächendeckenden massiven Mitteleinsatz kann diese Hilfe in einem Marathon, der sich persistent über viele Jahre erstrecken muss, nachhaltige Erfolge erzielen.
Lesen Sie gerne selbst. An dieser Stelle möchte ich Sie auch nochmals auf den Artikel von David Signer in der NZZ aus der letzten Wochenschau hinweisen „Entwicklungshilfe ist ein Auslaufmodell“.
Zu guter Letzt möchte ich Sie auf eine sehr lesenswerte Analyse zur Migrationspolitik in der FAZ hinweisen. „Migration – Schaffen wir das?“ von Professor Dr. Axel Dreher, Professor Dr. Andreas Fuchs, Dr. Valentin Lang und Sarah Langlotz. Semantisch angelehnt an das Postulat der Kanzlerin eröffnen die Experten die Diskussion:
Entwicklungshilfe kann dazu beitragen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Allerdings wird sie nur selten so eingesetzt, dass sie dieses Ziel auch erreicht.
Vielmehr halte die Bundesregierung die vielbeschworene Bekämpfung von Fluchtursachen gar für eine zentrale Aufgabe ihrer Entwicklungspolitik. Nicht weiter erstaunlich, finden die Experten:
Die empirische Evidenz dafür, dass ein großer Teil der Entwicklungshilfe primär die Interessen der Geberländer im Blick hat, ist überwältigend. So wird Entwicklungshilfe von vielen Ländern systematisch für die Förderung von geostrategischen Zielen eingesetzt. Militärisch und politisch Verbündete werden bei der Verteilung der Gelder systematisch bevorzugt.
Kritisch und sehr genau entschlüsseln die Experten auch den Mitteleinsatz Der Geberländer. Ihr Resümee:
Leider setzen Geberländer nicht immer die wirksamsten Mittel ein, und in der Regel, weil sie auf kurzfristige politische Ziele fixiert sind. Dabei zeigen Studien, dass Entwicklungshilfe am effektivsten ist, wenn sie losgelöst von den politischen Zielen der Geber erfolgt. Nicht zuletzt deshalb ist der durchschnittliche Effekt der Hilfe auf die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern so ungewiss wie unterschiedlich.
Nehmen Sie sich etwas Zeit und lesen Sie diese aufschlussreichen und umfassenden Erläuterungen.