SABAB LOU WOCHENSCHAU: 18. – 28.06.2018

Am Dienstag, den 26. Juni, fand die World Food Convention in Berlin statt – organisiert vom Tagesspiegel. Es gab spannende Debatten, doch leider wurden m. E. wichtige Themen nicht angesprochen. Erfahren Sie 

Unterteilt in vier gewichtige Schwerpunktthemen – „Regulatory Affairs“, „The Green Data Revolution“, „Conflict, Migration, Hunger“ und „Pioneers´ Pitch“ – gaben Politiker und Experten ihr Wissen kund und stellten sich Fragen und weiteren Betrachtungen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Entwicklungsminister Gerd Müller hielten bestechende Reden, jedoch gab es keine wünschenswerte Debatte über Agrarpolitik vis-à-vis Entwicklungspolitik. Frau Klöckner blieb bei weiter zu entwickelndem großen Potential einer modernen Landwirtschaft, Herr Müller blieb bei der Forderung nach einem erhöhten Budget für langfristige Entwicklungszusammenarbeit. Die von beiden proklamierte ‚partnerschaftliche Zusammenarbeit“ müsste aber vielleicht mit der Zusammenarbeit beider deutscher Ministerien anfangen, finde ich.  Das Thema „wir machen handelspolitisch kaputt, was wir entwicklungspolitisch aufbauen wollen“ fand ebenfalls nicht statt.

Und noch ein Thema blieb meines Erachtens auf der Strecke.
Es ging vornehmlich um Produktivitätssteigerung; um Fragen der Ertragsmaximierung. Alles berechtigte, zukunftsweisende Überlegungen. Doch vor lauter Innovationen hatte ich fast den Eindruck, dass der Boden, dass die Erde auf ihre bloße Haltefunktion für Nahrungsmittel reduziert wird.

Mit verbessertem Saatgut, so hieß es, kann ja eine für Kleinbauern wichtige Ertragssteigerung erzielt werden. Aber dies führt oftmals zu weiterer Degradation der Böden. Dass zur ganzheitlichen Landwirtschaft auch die Rückführung von Nährstoffen gehört, wie dies beispielsweise mit konsequenter Kompostierung, Fruchtwechsel, Mischanbau oder Gründüngung erfolgen kann, blieb außen vor. Lediglich Benedikt Bösel, ehemals Investmentbanker, heute landwirtschaftlicher Berater im ökologischen Anbau, sprach sich für eine andere Ethik in der landwirtschaftlichen Produktion aus. Der fast schon inflationär gebrauchte Terminus ´Nachhaltigkeit´ sollte doch eigentlich dem sich selbst erhaltenden Kreislauf der Natur vorbehalten bleiben – ein eben nicht nur Nehmen, sondern auch Geben.

Sicher wird der Tagesspiegel sich weiterhin einem vertieften Austausch von mit der Landwirtschaft verbundenen Meinungen und Ansätzen widmen. Doch zunächst einmal möchte ich mich für diese zusammengetragenen Einblicke und Ausblicke verschiedenster Experten bedanken.

Um Ihnen zu dieser Konferenz noch die fachlichen medialen Beiträge zu geben, hier in Kürze ein Paar Artikel zum Nachlesen:

Sabab Lou Wochenschau. Artikel im Tagesspiegel: Eine Welt ohne Hunger schaffenDa wäre die prägnante Zusammenfassung der Tagung „World Food Convention – wie stillen wir den Hunger der Welt? von den Journalisten Barbara Nolte und Paul Starzmann. Und der sehr lesenswerte Artikel von Frau Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe mit dem Thema „Eine Welt ohne Hunger schaffen. Beide Artikel ebenfalls auf tagesspiegel.de erschienen. Zu letzterem Artikel möchte ich einen Passus zitieren, der eine für mich bedrückende Aussage enthält:

Paradoxerweise leben die meisten der Armen ausgerechnet dort, wo Nahrung produziert wird: auf dem Land. Es sind kleinbäuerliche Produzenten oder in der Landwirtschaft abhängig Beschäftigte. Die Fläche, die sie zur Verfügung haben, reicht nicht für eine eigene Versorgung mit Nahrungsmitteln aus. Die Erlöse aus dem Verkauf sind meist zu gering, um das Notwendige dazuzukaufen. Viele Kleinbauern haben keinen Besitztitel am Land und somit wenig Anreize für Investitionen. Gleichzeitig mangelt es an Zugang zu Krediten, zu verbessertem Saatgut, und außerhalb der Landwirtschaft stehen keine Verdienstmöglichkeiten zur Verfügung. Unter diesen Umständen wird eine Dürre oder ein Krankheitsfall zur Katastrophe für die ganze Familie. Ist kein Geld da, wird die Tochter aus der Schule genommen und der Arztbesuch verschoben. Als nächstes wird die Zahl der Mahlzeiten reduziert, und männliche Familienmitglieder versuchen ihr Glück als Arbeitsmigranten in den Städten oder Nachbarländern.

Für mich, für uns als Stiftung, die unbedingte Aufforderung zu handeln – den armen und hart arbeitenden Menschen auf dem Land eine Perspektive geben = zusammen Arbeit schaffen.


Nicht zur Convention, dennoch wichtige Beiträge zum Thema Fluchtursachenbekämpfung (Tagesspiegel) und Entwicklungszusammenarbeit (NZZ), möchte ich Ihnen nachfolgend empfehlen.

Sabab Lou Wochenschau. Artikel im Tagesspiegel: Der falsche Blick auf die "Fluchtursachenbekämpfung"Sehr empfehlenswert finde ich den Artikel von Stephan Exo-Kreischer im Berliner TagesspiegelEU-Gipfel und Asylstreit – Der falsche Blick auf die Fluchtursachenbekämpfung. Ein Plädoyer für langfristige Hilfe und gegen kurzfristige Maßnahmen zur Migrationsverhinderung. Lesen Sie selbst. 


Sabab Lou Wochenschau. Gastkommentar in der NZZ: Es braucht eine Neuausrichtung der EntwicklungszusammenarbeitUnd dann hat mich vergangene Woche noch ein Artikel in der Neuen Züricher Zeitung, NZZ, beschäftigt. In einem Gastkommentar schreibt Toni Stadler, Historiker und Entwicklungshelfer für das IKRK und die UNO, um nur einige zu nennen, „Es braucht eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit. Seine provokante These: Langzeitprojekte sollte man auslaufen lassen. Projekte ohne klare Exit-Strategie sind für die betroffenen Länder ebenso schädlich wie lebenslanger Sozialhilfebezug für arbeitsfähige Menschen.

Das Engagement für weniger Ungleichheit zwischen Arm und Reich – noch im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts vehement diskutiert – wird heute von einer selbstzufriedenen Hilfsmaschine verwaltet, die in vertrauten Geleisen fährt und schweigt. Eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit ist überfällig.

Stadler untermauert seine These mit klar definierten Punkten. Er befürwortet eine Migrationsbegrenzung, wenn sie denn verknüpft ist mit gleichzeitiger Förderung einer echten Modernisierung der Region, wirtschaftlich, rechtsstaatlich, sozial. Auch auf die Gefahr hin, dass es als ´unfein´ gilt, eine solche Verknüpfung herzustellen. Bilden Sie sich Ihre Meinung.


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