Gestern las ich einen interessanten Nicht-EZ-Beitrag – vielleicht nicht ganz uninteressant für unsere EZ Arbeit.
Auf Spiegel-online erörtert Henrik Müller in seiner Wirtschafts-Kolumne das Thema Globalisierung und Protektionismus „Die fünf Feinde der Globalisierung – Die großen Handelsmächte machen ihre Schotten dicht, die Zeit der Globalisierung scheint vorbei. Das ist kein Zufall, denn starke Kräfte sind am Werk.“
Von den in diesem Artikel beschriebenen fünf Feinden las ich folgenden Passus mit besonderem Bedacht:
Einige starke Kräfte wirken gegen die weitere Globalisierung. Teils sind sie durch die Öffnung der Wirtschaft erst entstanden, teils wirken sie unabhängig davon. Insbesondere:
Institutionen: Intensiverer internationaler Handel zwingt zur Spezialisierung; Gesellschaften konzentrieren sich auf wirtschaftliche Aktivitäten, in denen sie besonders gut sind. Andere Bereiche schrumpfen zugunsten von Importen. Das heißt: Öffnung schafft Gewinner und Verlierer. Die Einkommen mögen durch internationalen Austausch in der Summe steigen, aber nicht jeder hat etwas davon. Um diesen Effekt auszugleichen, braucht es effektive Sozialstaaten und Bildungssysteme. Wo diese Institutionen schwach sind – wie in den USA -, wenden sich Bürger eher von der Globalisierung ab.
Henrik Müller spricht davon, dass die Öffnung von Märkten Veränderung bedeutet, und dass, wer Chancen nutzen will, auch Risiken eingehen muss. Mir scheint, dass im Gegensatz zu den protektionistischen Kräften des globalen Nordens gerade die afrikanischen Staaten die Risiken einer Marktöffnung eingehen. Nicht immer ganz risikolos, da es die erwähnten effektiven Sozialstaaten und Bildungssysteme noch nicht gibt. Gambia zum Beispiel öffnet seinen Markt – und wird geflutet mit EU-Agrargütern. Die gambischen Farmer haben das Nachsehen.
Ich will aber hier nicht lamentieren, sondern vielmehr auf den ersten Satz verweisen: „Intensiverer internationaler Handel zwingt zur Spezialisierung; Gesellschaften konzentrieren sich auf wirtschaftliche Aktivitäten, in denen sie besonders gut sind.“
Selbstheilungskräfte setzen immer dann ein wenn eine scheinbar aussichtslose Situation eintritt. Schwierig, aber vielleicht kann das etwas Gutes sein. Es bleibt zu hoffen, dass Gambia genau diese Kräfte einsetzt und nutzt – und hoffentlich nicht einer Art Wiedergutmachung der reichen Länder durch bilaterale Entwicklungshilfegelder erliegt.
Aber wenden wir uns einem weiteren Beitrag der vergangenen Woche zu.
Da wäre der sehr empfehlenswerte Artikel der Deutschen Welle „Neue Afrikapolitik mit bekannten Rezepten“ zu nennen. Journalist Daniel Pelz gibt uns eine Nachschau des G-20-Gipfels und eine Vorschau darauf was die Bundesregierung an Versprechen zu erfüllen gedenkt.
„Mit einem neuen Entwicklungsinvestitionsgesetz sollen mehr Mittelständler nach Afrika geholt, die Risikoabsicherungen für deutsche Firmen durch Hermes-Bürgschaften verbessert werden. Auch die Entwicklungshilfe soll reformiert werden: „Wir müssen lernen, auch mit unserer Entwicklungspolitik wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen“, versprach Bundeskanzlerin Merkel unlängst.“
Was sich so selbstverständlich und vielversprechend anhört ist allerdings noch kein Garant für eine erfolgreiche Umsetzung. Viele Programme sind schon die Umsetzung schuldig geblieben, die Unternehmer sind skeptisch, verweisen darauf, dass Risiko-Absicherungen alleine nicht reichen. Auch ist unklar, wie der hochgelobte Marshallplan des Entwicklungsministeriums umgesetzt werden soll, ressortübergreifend wird jedenfalls nicht unbedingt gearbeitet. Der Fokus auf Westafrika und die Sahelregion – wie von der Bundesregierung präferiert (als Teil der Migrationsverhinderung!) – erfordert ja eigentlich eine Zusammenarbeit von Privatwirtschaft, Agrarwirtschaft und Handelspolitik. Sie mögen Ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen.
Und wenn es Sie (entwicklungs-)politisch interessiert, mögen Sie zwei sehr empfehlenswerte Berichterstattungen über Südafrika lesen. Die Deutsche Welle und der SPIEGEL bieten aufmerksame und bedeutsame Einblicke in ein Land mit bevorstehenden Veränderungen. Mögen die Selbstheilungskräfte die Stärken des Staates befördern.
Lesen Sie weitere Ausgaben der Sabab Lou Wochenschau.