Die vergangene Woche stand ganz unter dem Zeichen der in Bonn tagenden UN-Klimakonferenz. So wurde auch die aktuelle Entwicklungspolitik unter diesem Aspekt beleuchtet. Lesen Sie
Die Drohkulisse vermehrter Migrationsströme nach Europa war in der letzten Woche ein gerne geschürter Aufhänger für die Durchsetzung von Klimaschutzbedingungen. Angesichts des angekündigten Austritts der USA aus dem Pariser Klimaabkommen ein beinahe legitimes Drohmittel. Nichts desto trotz sollte man sich eben diese geschürte Bedrohung durch Migrationsströme doch etwas genauer ansehen.
Unter dem Titel „Die Mär von den 200.000.000 Klimaflüchtlingen“ in der Zeit, analysieren die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, Steffen Bauer und Benjamin Schraven, die verschiedenen Faktoren der sich bedingenden und ausschließenden Fluchtursachen durch den Klimawandel. Der sehr differenzierte Gastbeitrag beleuchtet die Zusammenhänge von Klimawandel, Armut und Konflikte als Auslöser für Migrationsbewegungen. Bauer und Schraven resümieren, dass es nicht um die Diskussion gehen sollte, wie der Klimawandel neue Migrationsprozesse befördert, sondern um die entscheidende Frage, wie menschliche Sicherheit gewährleistet und geschützt werden kann. „Den Klimawandel als Stressfaktor anzuerkennen, der die fragilen Lebensbedingungen der Armen noch verschlechtert, ist da nur der erste Schritt.“
Das Interview mit dem eindringlichen Titel „Was in Afrika läuft, ist europäische Innenpolitik“ auf spiegel.online, möchte ich Ihnen besonders ans Herz legen. Das wirklich sehr gute Interview von Benjamin Moldenhauer mit dem Journalisten und Soziologen Christian Jacob entlarvt, wie koloniale Denkmuster auch heute noch die Flüchtlingsdebatte bestimmen. Und wie die Mittelvergabe der europäischen Staaten an die Kooperation afrikanischer Staaten zur Flüchtlingsbekämpfung gekoppelt ist. „Das Geld geht nicht mehr zuerst dahin, wo es gebraucht wird, es geht dahin, wo man migrationspolitisch am meisten davon hat. Das widerspricht der ursprünglichen Idee von Entwicklungshilfe“, so die Meinung von Herrn Jakob. Danke, für diese deutlichen Worte. In dieser Deutlichkeit auch präzise erfragt von seinem Interviewpartner Moldenhauer, der ebenso die Drohkulisse afrikanischer Migration hinterfragt. Lesen Sie selbst.
Ein ebenfalls kritischer Artikel zum Thema Entwicklungspolitik ist im Tagesspiegel nachzulesen. Journalistin Ulrike Scheffer betitelt ihren sehr lesenswerten Beitrag mit: „Hilfswerke werfen Bundesregierung falsche Entwicklungspolitik vor“. Noch immer profitieren sogenannte Schwellenländer in ungleichem Maße von deutschen Entwicklungshilfegeldern. Terre-des-Hommes-Vorstandsprecher Jörg Angerstein bringt es auf den Punkt: „Armutsbekämpfung, gerade in ländlichen Regionen, muss in der Entwicklungszusammenarbeit Priorität haben“. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Welthungerhilfe, Till Wahnbaeck, dominieren die Klimaschutzziele demnach die Armutsbekämpfung auf monetärer Ebene. Die Hilfe für besonders arme Staaten sei derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2009. Einlenkend meinen beide NGO-Vorstände jedoch, dass auch gute Programme aufgelegt worden seien, z. B. das von Entwicklungsminister Gerd Müller angestoßene Programm „Eine Welt gegen den Hunger“. Wieso sie ihre deutliche Kritik wieder abschwächen mussten?
Ein sehr empfehlenswerter Beitrag kam in den Nachrichten der Deutschen Welle. Die Autoren Kossivi Tiassou und Antonio Cascais berichten unter dem Titel „Moussa, der Champion: ein Bauer aus Niger kämpft gegen den Klimawandel“ von dem innovativen und engagierten Einsatz des nigrischen Bauern zur Verbesserung seiner Böden. Praktisch, preiswert, nachhaltig. Dabei macht Sounna Moussa nichts anderes als sich traditioneller Techniken zu bedienen. Doch das wäre zu bescheiden. Sein ganzheitliches Verständnis vom Zusammenwirken der Natur beeindruckt auch internationale Experten.
Ich befürworte die Zustimmung zu lokalen Lösungsansätzen; es geht m. E. darum, sich auf die Selbstheilungskräfte zu besinnen. Viel zu lange haben die Geberländer die landwirtschaftlichen Praktiken bestimmt. Und multinationale Agrar-Konzerne preschen aggressivst in den landwirtschaftlichen Sektor vor. Da tut das Vorbild von Moussa Not.
Auch wenn Moussa traditionelle Ackermethoden propagiert, wünscht er sich eine strukturelle Veränderung im landläufigen Verteilungssystem. „Wenn das Land nicht den Frauen gehört, die es bearbeiten, ist es schwieriger, es wieder urbar zu machen“, meint Sounna Moussa. Recht hat er. Deshalb arbeiten wir mit Frauen-Kooperativen zusammen.
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