Sabab Lou Wochenschau: 30.10. – 05.11.2017

Erlauben Sie mir diese Woche einen sehr persönlichen Einstieg. Ein Artikel auf  spiegel.online rief alte Erinnerungen wach, und mahnt uns, nicht nachzulassen in unserer Projektarbeit.

spiegel.online: Wenn Papa dich aufs Meer schicktUnter dem Titel: „Flucht aus Westafrika – Wenn Papa dich aufs Meer schickt“ auf spiegel.online berichten die beiden Journalisten Jens Bostrup und Finn Frandsen über die immer noch überdurchschnittlich hohe Migration aus dem kleinsten Land Afrikas, aus Gambia. Ich bitte Sie, diesen Bericht unbedingt zu lesen. Der Artikel erzählt von der großen Perspektivlosigkeit für junge Menschen in diesem Land und der unerträglichen Armut. Eine Armut, die Eltern veranlasst ihre Kinder übers Meer zu schicken, und sogar im Todesfall ein weiteres Kind auf den gefährlichen Weg nach Europa zu senden. Ein erschreckender Bericht.

Wir haben es selbst erlebt. 2013 – wir hatten unsere Projektarbeit in den Dörfern Chamen und Dutabullu begonnen – machten sich 45 Jugendliche aus dem nahegelegenen größeren Dorf Jumansar im Baddibu Distrikt auf den Weg nach Europa. Zwei Jungs wurden in Libyen erschossen, weitere haben es nicht übers Meer geschafft, von vielen gibt es keine Nachricht. Einige wenige haben es geschafft, sie senden ab und zu Geld nach Hause. Seit wir 2014 mit dem Gemüseanbau im Gemeindegarten von Jumansar begonnen haben, sind die Abwanderungszahlen drastisch zurückgegangen. Jetzt gibt es Einkommensmöglichkeiten und damit eine Perspektive, vor allem für die Jungen.


NZZ: Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfenGleich zwei Artikel aus Schweizer Zeitungen berichten von dem Engagement der Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu Fragen von Migration aus Afrika und deren Ursachen. Der Artikel „Ausbeutung Afrikas geht unvermindert weiter“ in der Wochenzeitung watson, und auch das Interview mit der Bundesrätin Frau Sommaruga in der NZZ Sonntagszeitung, zum Thema „Fluchtursachen bekämpfen sind sehr lesenswert. Die beiden Journalisten Stefan Bühler und Daniel Friedli stellen in der Sonntagsausgabe der NZZ der Bundesrätin sehr kritische Fragen. Fragen, die wir uns auch in Deutschland aufrichtig stellen sollten. Frau Sommaruga macht deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Sie prangert die Rohstoffausbeutung in afrikanischen Staaten an, die großzügig über Menschenrechte und Umweltverschmutzung hinwegsieht, und auch die zu überdenkende europäische Handelspolitik. Die Gründe für die anhaltende Migration sind sicher um ein vielfaches komplexer, aber dass unsere europäische Entwicklungspolitik überhaupt kritisch beleuchtet wird, tut Not. Frau Sommaruga stellt sich dem beherzt.


Merkur Interview mit Gerd Müller: "Wir sind nicht die Onkels mit dem Geld"Beherzt zeigt sich auch Entwicklungsminister Gerd Müller im Interview mit den Journalisten Marcus Mäckler und Sebastian Horsch von der Zeitung Merkur. Darin betont er: „Wir sind nicht die Onkels mit dem Geld. Ich bin mir unschlüssig, wie ich den Aktionismus von Minister Müller einzuordnen habe, denn irgendwie weicht er den kritischen Fragen aus. Er redet immer noch wie im Wahlkampf, spricht von Errungenschaften, Förderungen, und davon, dass mit 20 Milliarden Dollar jährlich die Notlagen aller in der Welt leidenden Menschen zu beheben wären. Ich halte sein Konzept eines Marshallplanes für Afrika nach wie vor für sehr dürftig. Es legt nicht schlüssig dar, wie die propagierten Maßnahmen implementiert werden sollen und können. Lesen Sie selbst. Ich warte derweil. Bis Entwicklungsminister Müller vielleicht Landwirtschaftsminister geworden ist? Ob er sich dann der Abschaffung der Landwirtschaftssubventionen widmet?


xing.com: Afrika ist unser Problem, muss es aber nicht bleibenAns Herz legen möchte ich Ihnen noch den Artikel in xing.comWir werden zu viele – was können wir gegen die Überbevölkerung tun“, von Dr. Reiner Klingholz, Direktor und Vorstand des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Nicht schon wieder! mögen Sie sagen. Allerorts wird über die schier unlösbare Bevölkerungsexplosion in Afrika geredet, mal politisch korrekt, mal erschreckend demütigend und zynisch. Warum ich Ihnen den Artikel dennoch empfehle? Weil sich Herr Klingholz sehr präzise zu landläufigen Fehlannahmen äußert: dass nicht Bildung allein die Geburtenrate senkt. Es braucht Arbeitsplätze. Und, dass vielmehr die Mischung aus Bildung und Arbeitslosigkeit höchst brisant ist. Herr Klingholz geht weiter, bemisst die ungleiche Verteilung von Entwicklungshilfegeldern, benennt die notwendige Beteiligung der afrikanischen Staaten. Und schließt mit: „noch habe ich Hoffnung, dass wir dies verhindern können (Verteilungskonflikte aufgrund von Bevölkerungswachstum). Aber eben nur mit ausreichend finanziellen Mitteln für Ausbildung und Arbeitsplätze“.


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