Sabab Lou Wochenschau: 4. – 10.09.2017

Entwicklungszusammenarbeit ist nicht einfach nur Projektarbeit, sondern steht immer auch in einem politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext. In unserer Wochenschau stellen wir Ihnen die wichtigsten Artikel und Fragestellungen rund um das Thema „Entwicklungszusammenarbeit in Afrika“ vor. 


Es ist die Endphase des Wahlkampfs und noch nie wurde so viel über Entwicklungspolitik geredet wie zu dieser Wahl. Entwicklungszusammenarbeit gehört zu den drängendsten Themen. Die Medien berichten täglich, aber leider nicht immer differenziert. Teilweise bedienen sie sogar gefährliche Plattitüden: „Migrationsströme drohen Europa zu destabilisieren“; „Wenn wir den Flüchtlingen das Leben erschweren, werden sie zurückgehen“. Sie schüren ein bedrohliches Szenario einer noch größeren Einwanderungswelle.

Die Kritik zahlreicher NGOs: derzeit werden viele Entwicklungshilfegelder für die Flüchtlingshilfe im Inland und entlang der Fluchtrouten eingesetzt. Der eigentliche Aufbau von Perspektiven in armen Regionen, u.a. in Afrika, kommt zu kurz.

Einige durchdachtere Berichte möchte ich Ihnen im Folgenden nahelegen.

 

Deutsche Welle: Welche Afrika-Politik versprechen die Parteien?

Starten wir mit einen kleinen Einblick in die Wahlprogramme der Parteien. Der Artikel des Online-Magazins der Deutschen Welle geht der Frage nach: „Welche Afrika-Politik versprechen die Parteien?“ Von Förderung der Privatinvestitionen, über Abschaffung von Agrarsubventionen, bis zu einer Überarbeitung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens. Eine ausführliche Beschreibung der priorisierten Maßnahmen (gibt es überhaupt präzise Pläne zur Implementierung?) lässt diese Zusammenstellung zwar nicht zu, sie verdeutlicht aber die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien zu diesem Thema. Der Befürchtung von VENRO Vorstandschef Bornhorst: „Wir gehen davon aus, dass es auch viele Aktivitäten gab, weil die Wahlen vor der Tür standen und man zeigen musste, dass man was tut. Daher wird es wohl so sein, dass das Thema erstmal abebbt und dann wieder hochschlägt, wenn vielleicht die nächste Flüchtlingskrise vor der Tür steht.“ Bedauerlicherweise muss ich mich anschließen. 


euractiv.de "Deutsche wollen mehr Geld für Entwicklungshilfe"

Der Artikel „Die Deutschen wollen mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit“ von euractiv.de ist einer der differenzierteren Berichte über mögliche Veränderungen in der europäischen Entwicklungspolitik. Gemäß einer Umfrage sprechen sich 91 Prozent der Befragten für eine  Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern aus. Die Menschen halten es für immanent wichtig, dass die 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens, die derzeit für Investitionen in Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen sind, auch für diese Zwecke ausgegeben werden. Heftig kritisiert wird allerdings die Mittelabzweigung: „Flüchtlingskrise verschlingt europäische Hilfsgelder“. Der Appell: „es braucht Signale an die afrikanischen Länder, dass das deutsche Interesse am afrikanischen Kontinent über die Fluchtursachenbekämpfung und die anstehende Bundestagswahl hinausreicht.“ Dass sich der französische Staatspräsident, Emmanuel Macron, zu einer Aufstockung des Entwicklungshilfe-Budgets auf 0,55% des Bruttonationaleinkommens verpflichtet hat, ist hier eine erfreuliche Mitteilung.


Makronom: Der Migrationsdruck aus Afrika wird weiter steigen

Ein mutiger und kritischer Beitrag der beiden Journalisten Helmut Reisen und Robert Kappel im Online-Magazin für Wirtschaftspolitik, Makronom, beginnt mit einer Anklage: „Die europäischen Regierungen haben erneut deutlich gemacht, dass sie die wachsende Migration aus Afrika mit aller Macht verhindern wollen – auch um den Preis der Aufgabe humanitärer Grundprinzipien“.  Die Errichtung von Asylzentren entlang der großen Fluchtrouten sei ein ‚populistisches Entsorgungsinstrument‘. Dies als Migrationspartnerschaft zu bezeichnen finden die beiden Journalisten sehr euphemistisch. Der Artikel ist aber weit mehr als eine Anklage, er ist eine sorgfältige Recherche über Migrationsverhalten, -potenzial und -ziele – unbedingt lesen!


TAZ: Migrieren ist völlig normalWirklich aufschlussreich finde ich das Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft in der taz. Herr Kannengießer findet „Migrieren ist völlig normal“. Sehr detailliert und nüchtern führt er die Schlüsselelemente für eine erfolgreiche Wirtschaftspartnerschaft mit afrikanischen Staaten aus, respektive deren Entwicklungspotential, sowohl für deutsche als auch für afrikanische Unternehmer. Investitionen seien der Schlüssel, sagt er. Das sagt auch das Entwicklungsministerium, das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium. Aber niemand präzisiert die Schritte zur Umsetzung so wie Herr Kannengießer. Dabei benennt er durchaus auch Defizite, Hindernisse und Risiken. Absolut lesenswert!


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