Sabab Lou Wochenschau: 28.08. – 03.09.2017

Entwicklungszusammenarbeit ist nicht einfach nur Projektarbeit, sondern steht immer auch in einem politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext. In unserer Wochenschau stellen wir Ihnen die wichtigsten Artikel und Fragestellungen rund um das Thema „Entwicklungszusammenarbeit in Afrika“ vor. 


Diese Woche stand im Zeichen des sogenannten Migrationsgipfels in Paris. Mehrere regionale und überregionale Zeitungen berichten faktisch neutral über die Gespräche, erwähnen die Kritik von NGOs und untermauern ein bedrohliches Szenario einer Flüchtlingslawine. Die Überschriften sprechen fast schon für sich:

Die Situation ist dramatisch; Migranten schon in Afrika erfassen; Europäer wollen Zusammenarbeit mit Afrika stärken; Pariser EU-Afrika-Gipfel: Migranten in Afrika stoppen; Migration aus Afrika: es wird noch ärger werden! 

Besonders hervorheben möchte ich im Zuge dieser Debatten nachfolgende drei Artikel. 

 

TAZ Artikel: "Lasst uns endlich in Ruhe!"Die taz widmet sich dem Thema mit kämpferischen Furor. Unter der Überschrift „Lasst uns endlich in Ruhe!“ wird endlich mal ungeniert über die Fehlentwicklungen in der Entwicklungszusammenarbeit gesprochen. Auch wird das immer wieder als bedrohlich suggerierte Bevölkerungswachstum in afrikanischen Staaten angesprochen, und richtig benannt: als respektloser und entwürdigender Umgang mit den Menschen in Afrika; als brutale Interessenwahrung der europäischen Staaten.


Artikel von RT Deutsch zur FluchtursachenbekämpfungAuf der Internetseite von RT DEUTSCH erschließt sich uns eine sehr differenzierte und umfangreiche Betrachtung des Themenbereichs Migration. Es werden kritisch die hehren aber hohlen Worte der Politiker beleuchtet, und die eben oft nicht benannten Fluchtursachen ausgesprochen. Wie z.B. die subventionierte EU-Agrar-Exportpolitik: „die afrikanischen Märkte werden zur Müllhalde für Europas Ladenhüter“. Oder wie die European Partnership Agreements EPAs: „EU zieht Afrika in Handelsabkommen über den Tisch“. Zu letztgenanntem Punkt möchte ich Sie allerdings zur eigenen Studie der EPAs anregen. Meines Erachtens greift hier die pauschale Kritik an diesem Handelsabkommen zu kurz. So kann beispielsweise die zollfreie Einfuhr von Maschinen aus der EU für afrikanische Unternehmen von großem Vorteil sein. Dass die afrikanischen Staaten dabei nicht mehr die segensreichen Einfuhrzölle einnehmen, mag verzichtbar sein. Auch können die afrikanischen Staaten sehr wohl bestimmte definierte Wirtschaftsbereiche durch Importzölle bis 30% schützen. Die Crux ist hier nicht das Abkommen, sondern die hochsubventionierte EU Agrarwirtschaft. Die „moralische Verpflichtung“, von der europäische Politiker so gerne sprechen, sollte zuerst hier anfangen!


NZZ Artikel "Stoppt die Entwicklungshilfe"Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen einen Artikel aus der NZZ Stoppt die Entwicklungshilfe, er spricht mir aus der Seele. Die Autorin und Afrika-Journalistin der NZZ, Frau Ken Bugul, prangert nicht nur verfehlte Entwicklungszusammenarbeit an, sondern gibt konstruktive Hinweise darauf, wie ´Entwicklungshilfe´ aussehen sollte. Lassen Sie mich zwei Absätze zitieren, die auch programmatisch für unsere Entwicklungsarbeit sind:

Meines Erachtens wäre die allererste Prämisse, die Leute darauf zu verpflichten, sich selbst zu helfen. Sobald man sieht, dass sie entsprechende Anstrengungen unternehmen, kann man ihnen die Dinge bringen, die sie brauchen, um die Arbeit zu Ende zu führen. Wenn man aber Geld oder Material schickt und nichts damit geschieht, dann müssen schnellstens die Konsequenzen gezogen werden.“ Und: „Es ist nötig, die Projekte zu begleiten, … Eine Regierung, die solches mit Steuergeldern finanziert, hat auch das Recht zu wissen, ob das Projekt funktioniert. Aber natürlich besteht da im Westen eine gewisse Scheu, solche Kontrollmechanismen einzusetzen. Man will – erst recht in einem historisch so belasteten Umfeld wie Afrika – die Souveränität der Staaten respektieren.“


Und dann ist da auch noch der Wahlkampf. Und mitten im Wahlkampf steht auch Entwicklungsminister Müller. Und Herr Müller wird nicht müde für sein Afrika-Programm zu werben. Marshallplan für Afrika, CompactWithAfrica, die neuen Perspektiven für die „gebeutelten afrikanischen Staaten“. Er wird uns mit seinen Reden noch beschäftigen. Herr Minister Müller sitzt aber nicht am Verhandlungstisch mit seinen Kollegen der Landwirtschaftsministerien.


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