Träume sind überlebenswichtig in Subsahara Afrika. Ohne diese hoffnungsvolle Zuversicht wären die erbärmlichen Lebensverhältnisse nicht zu ertragen. Aber oftmals ist träumen Segen und Fluch zugleich.
Einerseits mobilisiert eine Hoffnung sämtliche Energien – eine Lebensfreude und positive Haltung – andererseits verhindert träumen eine gesunde und wachsame Skepsis.
Wir erleben diese Diskrepanz jedes Mal wenn wir mit unseren Kreditnehmern in Gambia und Ghana zusammensitzen. Die Euphorie ist groß, begeistert erzählen sie von ihrem Vorhaben, es bräuchte nur noch Startkapital und sie wären dem Wohlstand nahe. Wenn wir dann auf massive Konkurrenz, oder fehlende Kaufkraft in der Region, oder auf zu hohe Investitionskosten hinweisen, kommen wir uns manchmal wie notorische Negativler vor. Unser strohhalm-klammerndes, träumendes Gegenüber versinkt leise im Sitz.
Wahab aus Chere-Nakaku im Nordosten Ghanas wollte sich z. B. als Pharmalieferant etablieren. Eigentlich eine sinnvolle Geschäftsidee in dieser Region, wo Krankenstationen, und damit auch Medikamente, unerreichbar sind. Doch unsere gemeinsamen Rechenexempel ergaben, dass er mit dem Aufschlag auf angelieferte Medikamente unmöglich ein Motorrad abbezahlen kann. Wahab wird sich zunächst mit Fahrrad, Eselskarren und Mitfahrgelegenheiten durchschlagen müssen. Wenn er genügend angespart hat, kann er unter Eigenbeteiligung ein gebrauchtes Motorrad erwerben. Vielleicht. Wenn alles gut läuft.
Oder Neneh aus dem Baddibu Distrikt in Gambia, sie wollte eine Generator-betriebene Erdnussmühle erstehen. Auch eine gute Idee, Erdnussbutter ist gefragt. Sie hatte in ihrer Kalkulation vergessen, dass der gambische Präsident Jammeh Plastik als Verpackungsmaterial unter Strafe verboten hat, was die Preise für gebrauchte Gläser in den Himmel trieb. Ihr Aufschlag innerhalb einer verkäuflichen Preisspanne dezimierte sich drastisch. Hätte sie nun einen Generator abzubezahlen, sie wäre aus den Schulden nicht hinausgekommen. Es geht, zugegeben beschwerlicher, auch manuell, aber Neneh kann sich erst mal einen Kundenstamm aufbauen, der ihr regelmäßige Verkäufe sichert. Dann sehen wir weiter.
Es ist beileibe nicht unsere Lieblingsaufgabe, die Miesmachnummer zu spielen. Aber es ist auch unsere Verantwortung, die Geschäftsideen zum Erfolg zu führen. Für Rosarot sind wir nicht zuständig. Die Kunst dabei: nicht Besserwisser, sondern Partner sein. Dann wird hoffentlich irgendwann aus rosarot eine bunte Welt mit allen Schattierungen.