Götz Mäuser ist ein treuer und großzügiger Förderer der Stiftungsarbeit.
Immer wieder hat er unsere gambischen Projekte besucht und hat für die Jugendlichen der Dörfer Fußball- und Volleyballturniere gesponsort. Für den sozialen Zusammenhalt der Jugendlichen waren diese ein wichtiges Element. Jetzt hat Götz die Turniere für die Dörfer Ballingho, Jumansar, Dutabullu und natürlich für die Auszubildenden des Jugendprojekts ausgerichtet. Lesen Sie seinen Bericht:
6. September
Wie immer fliege ich um 8:25 von Frankfurt über Brüssel nach Banjul. In Brüssel treffe ich Ann, Studentin der Tropischen Agrarwissenschaften an der Uni Hohenheim, die für Sabab Lou den Online-Auftritt macht, Antonie, Internistin und Bekannte von Frieder, die einen Koffer voll von dringend benötigten Behandlungsutensilien für ein Krankenhaus in der Nähe von Soma dabei hat und Waltraud, Freundin von Antonie und Diplom-Geographin. Frieder kann leider aus gesundheitlichen Gründen nicht wie geplant dabei sein und wir alle bedauern das verständlicherweise sehr. Der Flug selbst ist ereignislos.
In Farafeni, genauer Ballingho, steht an diesem Wochenende die förmliche Einweihung des Gambia Youth Project (GYP) an. Edith ist schon seit Tagen vor Ort und arbeitet mit Christian, dem Projektmanager von Sabab Lou, und Momodouh, dem Mann vor Ort der gambianischen Träger-Organisation (RDO), daran, alles für den großen Tag fertig zu bekommen. Nachdem im Laufe der letzten Jahre die Projekte in Chamen, Dutabullu und Jumanssar in die Hände der Dorfbewohner übergeben wurden, ist das GYP das neue „Baby“ von Sabab Lou und in der Dimension deutlich ehrgeiziger. Im Prinzip handelt es sich um eine landwirtschaftliche Schule, in der junge Menschen in zwei Jahrgängen über zwei Jahre befähigt werden sollen, einen eigenständigen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Die Schule verfügt über eine Fläche von knapp über 12 Hektar, auf dem die Schüler das im Theorieunterricht erworbene Wissen „on the job“ anwenden sollen. Das Ziel ist darüber hinaus, dass die Schule über die Vermarktung der eigenen Produktion mittelfristig einen substantiellen Beitrag zur eigenen Finanzierung beiträgt. Es ist ein wirklich ehrgeiziges Projekt und bewundernswert, wie sich Edith und Frieder hier erneut engagieren und vor allem auch ins Risiko gehen. Hilfreich ist dabei, dass Sabab Lou unter dem Stichwort „Bekämpfung der Fluchtursachen“ mittlerweile eine Menge Anerkennung in Deutschland bekommt und das ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten u.a. vom BMZ schafft. Ich bin sehr gespannt, wie sich das ganze nun vor Ort darstellt.
Am Flughafen werden wir von unserem diesjährigen Fahrer Suleyman abgeholt und fahren wie gewohnt ins Leybato Hotel. Wir kommen rechtzeitig zum Sonnenuntergang an und beschließen den Abend bei guter Unterhaltung mit leckerem Fisch, Reis und Gemüse.
7. September
Um 5:00 werden wir von Suleyman abgeholt, um möglichst die erste Fähre zu bekommen. Obwohl die Brücke bei Soma fertiggestellt ist, ist dies nach Ediths Aussage immer noch die schnellste Route. Alles klappt wie geplant und bereits gegen 9:00 erreichen wir Farafeni, rechtzeitig für die Einweihungsfeier, die gegen Mittag beginnen soll.
Auf dem Gelände des GYP angekommen, steht auf einem ca. 12 Hektar großen, eingezäunten Gelände ein neues, schön gestrichenes, L-förmiges Gebäude. Überall wuseln Menschen herum. Die meisten scheinen damit beschäftigt, die Feierlichkeiten vorzubereiten. Ein Team arbeitet daran, Solarpanele auf dem Dach anzubringen. Manche scheinen schon sehr früh angekommen zu sein und warten auf den Beginn der Feierlichkeiten. Wir treffen Edith, Christian, Momodouh und Mbelly, die alle, was nicht überrascht, sehr beschäftigt sind.
Gegen 13:00 beginnen die Feierlichkeiten mit einer Reihe von Ansprachen und Reden, die insgesamt weit über eine Stunde dauern und in der Hitze eine Herausforderung für uns sind. Der formelle Höhepunkt sind die Reden des District Chief und des Regional Governors. Beide sind Profis in diesem Geschäft, und sie spielen ihre Rolle sehr routiniert. Danach herrscht ein recht kunterbuntes Treiben mit der in diesem Teil von Afrika üblichen, recht lauten Begleitmusik, während die Frauen in großen Töpfen kochen und alle auf das Festessen warten.
Ich bespreche mit Christian und Mbelly das weitere Vorgehen hinsichtlich der von uns für die Eröffnung geplanten Fuß- und Volleyballturniere. Wegen der bereits fortgeschrittenen Zeit wird heute nichts mehr passieren und wir einigen uns darauf, das Turnier am morgigen Sonntag als Eintages-Turnier mit jeweils vier Mannschaften stattfinden zu lassen. Das wird sicher ein großer Spaß.
Das Festessen wird schließlich sehr unterhaltsam. Es gibt Hühnchen, Hirse mit Zwiebelsoße und dazu frische Karotten und Salatgurken. Schmackhaft, vollwertig und ausreichend, was will man mehr. Es ist recht gesellig und ich lerne unter anderem Fatu, Momodouhs Frau und ihren ältesten Sohn kennen.
Mit vollem Bauch sind danach alle recht erledigt, und Antonie, Waltraud, Ann und ich machen uns am frühen Abend auf den Rückweg nach Farafeni. Die Damen sind separat in einer etwas gehobeneren Unterkunft untergebracht, sodass ich erst einmal alleine in Eddy‘s Hotel aufschlage. Zeit, Reisebericht zu schreiben. Allerdings werde ich massenweise von Moskitos attackiert, was ich in dieser Intensität noch nicht erlebt habe, aber dank Autan Tropical recht gut überstehe. Das Zeug ist wirklich gut.
Später kommen Edith und dass Team von Sunset Solar dazu, die gerade die Solaranlage für das GYP installieren. Drei echte Originale: 1) Olaf, Wahl-Namibier und CEO von Sunset Solar, 2) Hanjo, gebürtiger Namibier und Techniker sowie 3) Stefan auch genannt Samba, Wahl-Senegalese und Freelance-Techniker, der zum ersten Mal dabei ist. Sunset Solar konfiguriert, fertigt und installiert kleine bis mittlere Solaranlagen mit Batteriespeicher und allem sonstigen Drum und Dran, etwa ergänzende Generatoren oder kleinere Windkraftanlagen. Die Anlagen kommen überall auf der Welt und gerne unter schwierigen Bedingungen zum Einsatz, und so sind Olaf und Hanjo schon wirklich weit gereist. Ein wirklich interessantes und lustiges Trio. Gegen 22:00 geht‘s für mich ins Bett, der Tag war lang, und auch die schwüle Hitze fordert ihren Tribut.
8. September
Wegen der Hitze wollten wir mit dem Turnier möglichst früh beginnen und hatten 8:30 als Anstoßzeit für das erste Spiel vereinbart, aber ich hätte es von Anfang an besser wissen müssen. Es beginnt damit, dass sich unser Fahrer Suleyman eine halbe Stunde verspätet und wir selbst deshalb erst gegen 8:45 eintreffen. Das stellt sich jedoch als nicht wirklich problematisch dar, denn außer uns ist sonst schlicht noch keiner da! Um es kurz zu machen: es wird ein recht turbulenter Tag, an dem wir zweimal wegen sich dynamisch ändernder Zahlen der teilnehmenden Fußballmannschaften das Turnier-Reglement ändern müssen und das erste Spiel dann doch immerhin gegen 10:45 angepfiffen wird. Aber wir sind in Afrika, und deswegen wird es trotz allem ein überaus unterhaltsamer Tag mit einem durchaus spannenden und ansprechenden Fußballturnier und einem sehr viel Freude bereitenden Volleyballturnier, bei dem jeder erfolgreich über das Netz gebrachte Ball laut bejubelt wird . Ich denke, dass die Teilnehmer aus Ballingho, Dutabullu, Jumanssar und dem GYP auf ihre Kosten gekommen sind und eine Menge Spaß hatten. Zusätzlich hatten die „GYP-ler“ erstmals Gelegenheit, ihre gleichaltrigen Nachbarn kennenzulernen und ein erstes Team-Building untereinander zu erfahren. Damit haben wir erreicht, was wir beabsichtigt hatten.
Nach der Siegerehrung, bei der es natürlich nur Gewinner gab, fahren wir ziemlich erschöpft gegen 18:30 zurück in Eddy‘s Hotel. Auch Edith ist ziemlich groggy, sie hat in der Hitze den ganzen Tag am GYP weiter gerödelt, insbesondere mit dem Sunset Solar-Team, um die Solaranlage einschließlich eines kleinen Windpropeller-Generators fertigzustellen. Und sie haben es tatsächlich geschafft, der Strom fließt und das Gebäude ist jetzt erstmals hell erleuchtet. Die Deckenventilatoren in den Zimmern arbeiten und lindern die drückende Hitze, toll!
Vor dem Hintergrund eines damit doch recht erfolgreichen Tages setzen wir uns alle bei Eddy‘s zusammen für ein kaltes Bier und zur Abwechslung nicht Hähnchen mit Chips, sondern Spaghetti Napoli auf gambische Art. Es sättigt ordentlich, aber ich für meinen Teil werde auch weiterhin die italienische Variante bevorzugen. Es wird ein entspannter und unterhaltsamer Abend, den wir im „Speiseraum“ verbringen. Draußen regnet es langanhaltend, so wie sich das in der Regenzeit eben gehört. Als Digestif spendiert Olaf einen wunderbaren Whiskey. Alles zusammengenommen wird es ein besonderer Abend mit ganz spezieller Atmosphäre „da draußen im Busch.“
9. September
Heute geht es für mich bereits wieder zurück nach Banjul bzw. Serekunda. Auch das Sunset Solar-Team bricht heute auf, reist aber weiter in den Senegal, während Edith und die Damen noch bis Ende der Woche in Farafeni bleiben wollen. Gegen 10:00 fahre ich mit Suleyman und den drei Damen los. Sie wollen den auf dem Weg liegenden Kiang West National Park besichtigen. Kurz nach unserer Abfahrt überqueren wir den Fluss Gambia auf der neuen Brücke zwischen Farafeni und Soma. Was für ein Unterschied, was für ein Fortschritt. Erst hier im afrikanischen Kontext wird einem Deutschen oder West‘ler deutlich, was eine einzelne Brücke bedeuten kann, welchen Unterschied sie macht, welche Möglichkeiten sie eröffnet. Für jemanden wie mich, für den Brücken doch immer eine Selbstverständlichkeit waren, eine doch sehr grundlegende Erfahrung.
Banjul, im September 2019
Götz Mäuser