Reisebericht Gambia/März 2014

Projektreise Baddibu-Projekt7. März 2014

Wie immer treffen wir uns am Flughafen. 8:25 ist Abflug von Frankfurt über Brüssel und Dakkar nach Banjul. Wegen der Einweihung der von der HelpAlliance, dem Verein der Lufthansa-Mitarbeiter, gesponsorten Wasserversorgungslage in Jumansar sind wir ein recht grosses Team. Neben Edith, Frieder und mir ist eine Delegation der Lufthansa dabei: Rita Diop ist Vorsitzende der HelpAlliance und sozusagen „Mutter“ des Projekts. Sie hat Sarah Keßler mitgebracht, die das Ganze filmisch dokumentieren soll. Von der Lufthansa selber ist Klaus Gorny als Vertreter der Presseabteilung und Lars Heurich dabei. Lars ist Pilot und ist für das Projekt den Ultraman auf Hawai gelaufen, eine mehr als zweifache Ironman-Tortur über drei Tage, Wahnsinn! Eine kleine Dokumentation dazu findet man übrigens bei Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=FtrunOmVMrg

Sein Pilotenkollege Sebastian Bartel ist vorher bereits den normalen Ironman gelaufen und beide haben über die Betterplace-Spendenplattform insgesamt rund 40.000,- Euro für das Projekt gesammelt, ein phantastisches Ergebnis. Last but not least hat Lars seine Partnerin Julie van der Westhuizen mitgebracht, die ihn bei allem tatkräftig unterstützt hat. In ihrem normalen Leben ist sie Product Managerin bei der cosnova GmbH, einer Kosmetik-Firma, die mit einer substantiellen Spende auch zum Gelingen des Projekts beigetragen hat.

Rita und Julie beim Empfang durch Dorfbewohner

Der Flug verläuft ereignislos. Gegen 18:30 lokaler Zeit kommen wir in Banjul an und werden von Nuru und Jamuh herzlich empfangen. Da das Leybato Hotel voll ist, sind wir diesmal im Safari Garden Hotel untergebracht, das etwas besser ausgestattet, aber leider nicht direkt am Strand gelegen ist. Den Abend beschliesst ein gemeinsames Abendessen mit interessanten Unterhaltungen. Es ist eine recht spannende Gruppe von Menschen zusammengekommen.

8. März

Nach einem einfachen Frühstück brechen wir gegen 8:30 Richtung Farafenni auf. Wir nehmen die Route südlich des Gambia-Flusses, um in Soma überzusetzen. Die Fähre in Banjul braucht zu lange oder fährt teilweise gar nicht mehr. Überhaupt werden die Verhältnisse in Gambia nicht besser. Die Elektrizitätsversorgung ist weiterhin rationiert und störungsanfällig und sogar die Versorgung mit Treibstoff ist inzwischen gelegentlich rationiert. Symptomatisch ist die Entwicklung des Wechselkurses des Dalasi, der in den letzten zwei Jahren von 40 auf 53 Dalasi/Euro gefallen ist. Es geht nicht voran im Land, sehr bedauerlich, und es drängt sich die Frage auf, ob sich die Bevölkerung das noch lange gefallen lässt.

Immerhin ist die Strasse nach Soma mittlerweile vollständig asphaltiert, sodass wir vergleichsweise zügig die Fähre dort erreichen. Dort stehen keine LKW mehr in langer Schlange an und Nuru erklärt uns, dass Gambia vor einigen Tagen die Durch- bzw. Überfahrt für LKW aus dem Senegal wegen eines Disputs über die Fährpreise verboten hat. Was für ein Wahnsinn, damit liegt das Geschäft entlang der Strasse darnieder und Fähreinnahmen werden schon gar nicht erzielt. Es ist nicht zu fassen. Der einzige Vorteil ist, dass wir wesentlich schneller mit unserem Auto auf die Fähre kommen und insofern in Rekordzeit in Farafenni bzw. Eddy’s Hotel ankommen. Zu unserer Überraschung und Freude werden wir dabei schon an der Anlegestelle der Fähre von einer Delegation der Frauen aus Chamen unter Führung der unverwechselbaren Mariama sehr herzlich empfangen.

Tanzende Dorfbewohner beim Empfang

Nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, geht es nach Chamen. Der Empfang dort ist überschwänglich. Das halbe Dorf steht schon an der Abzweigung von der Strasse und begrüsst uns. Die Ankündigung des so wichtigen Besuchs hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Es ist alles wirklich sehr herzlich und die Delegation der Lufthansa nachhaltig beeindruckt. Die Frauen von Chamen haben für alle in grossen Töpfen ein Mittagessen gekocht, Reis mit Fisch und Gemüse und wir essen alle gemeinsam im Hof von Nurus Eltern. Es schmeckt sehr gut und stillt unseren auf der Fahrt nach Farafenni gewachsenen Hunger.

Reichhaltiges Mittagessen

Danach inspizieren wir die Wasseranlage. Sie funktioniert, produziert aber zuwenig Wasser, was nach dem letzten Stand der Erkenntnis an einer Unterdimensionierung des Bohrlochs liegt. Wir werden sehen müssen, wie man das verbessern kann. Darüber hinaus weist der Tank undichte Stellen dort auf, wo der obere mit dem unteren Wellblechring verschraubt ist, und an einigen Stellen ist der Turm verdreckt und angerostet. Er sollte dringend in der nächsten Regenzeit gewartet und repariert werden.

Auf dem Weg zum Garten eine Stippvisite beim Alkalo, alles ist gut. Das ist auch kein Wunder, hat Frieder doch bei seinem letzten Besuch vor zwei Wochen dem Drängen der Dörfler hier und in Dutabullu nachgegeben, die Zahlung der Wassergebühren bis einschließlich März auszusetzen. Wegen des Erntezyklus im Gemüsegarten haben sie bis jetzt noch kein zusätzliches Einkommen erzielen können und sagen, dass sie deswegen zur Zahlung der Wassergebühren im Moment schlicht nicht in der Lage sind. Da wir die finanzielle Lage der Haushalte nicht kennen, ist es für uns sehr schwierig, hier zu einer objektiven Einschätzung zu kommen. Am Schluss hat Frieder sehr widerstrebend eingewilligt. Die Alternative wäre gewesen, die Anlage abzuschalten und darauf wollte er es noch nicht ankommen lassen. Aber der Tag der Wahrheit wird kommen, und zwar am 1. April (kein Scherz!), wenn die Wassergebühr wieder zu zahlen ist.

Der Garten in Chamen ist wegen des oben genannten Wasserdefizits nur zu zwei Drittel angelegt, und es sind zum weitaus überwiegenden Teil Zwiebeln angepflanzt. Die Dörfler haben in der letzten Saison mit Zwiebeln sehr gute Erfahrungen gemacht, und sie sind relativ einfach grosszuziehen. Wir werden das auch noch in den anderen Dörfern sehen, es ist ein klassischer Schweinezyklus. Wir werden unsere Bemühungen verstärken müssen, die Dörfler zu einer grösseren Vielfalt zu bewegen.

Chamen Garten

Im Garten liegen zwei gefällte Mahagonibäume, die auf den Zaun gefallen sind und ihn an diesen Stellen zerstört haben. Die Dörfler wollten ursprünglich einen der Bäume fällen, um über den Verkauf des Holzes Einkommen zu generieren und den durch ein Feuer an anderer Stelle schon beschädigten Zaun zu reparieren. Sie haben dafür den District Chief um Erlaubnis gebeten, der dies zum Anlass nahm, diesen und den anderen Mahagonibaum für sich zu reklamieren und durch eigene Leute fällen zu lassen. Auch wenn dies durchaus der Tradition und herrschenden Ordnung entspricht, zum Teil wahrscheinlich aber auch einem nicht so starken Alkalo geschuldet ist, ist man schon etwas fassungslos ob dieser Vorgehensweise. Im Ergebnis haben die Dörfler zwei herrliche Mahagonibäume weniger, einen zusätzlich zerstörten Zaun und kein Einkommen. Der Zaun muss also auf grösserer Länge repariert werden und die in den letzten Monaten gebildeten Reserven müssen hierfür komplett aufgelöst werden. Gut, dass die Reserven gebildet wurden, aber jetzt ist erstmal Ebbe in der Kasse, weil die Dörfler zur Zeit keine Wassergebühr zahlen, aus der die Reserven eben gebildet werden.

Empfang in Dutabullu

Wir machen uns auf den Weg nach Dutabullu. Dort werden wir genauso herzlich und überschwänglich empfangen wie in Chamen. Die Wasseranlage macht von außen betrachtet einen guten Eindruck und der Garten sieht wirklich hervorragend aus. Alle Flächen sind bepflanzt und obwohl auch hier relativ viele Zwiebeln stehen, gibt es eine wesentlich größere Vielfalt mit Tomaten, Salaten, Kohl, Cassava, Karotten und vielem mehr. Der Zaun ist freigelegt, von überall gut sichtbar und gut in Schuss. Die Tränke für die Kühe wird genutzt und die Kühe sind im Vergleich zum Vorjahr in guter Verfassung. Sie geben Milch, allerdings in sehr bescheidenen Mengen, die wenn überhaupt wahrscheinlich nur für den Eigenbedarf reichen. Für mehr Milch brauchen die Kühe mehr und reichhaltigeres Futter. Wir müssen überlegen, wie wir die Produktivität hier irgendwie steigern können, verkaufen lassen würde sich die Milch sehr gut.

Auf dem Weg zum Garten, Kühe in der Abendsonne

Zurück bei Eddy’s verarbeiten wir den langen und ereignisreichen Tag bei Hühnchen bzw. Omelett mit Chips und einem kühlen Bier. Es war ein langer und anstrengender Tag.

9. März

Gegen 8:00 sitzen wir beim gemeinsamen Frühstück. Heute ist der große Tag der Einweihung der Wasseranlage in Jumansar und das Finale des Fußballturniers zwischen den drei Dörfern, in denen unsere Wasserprojekte laufen. In meiner Funktion als Fun Manager (sic!) hatte ich das Turnier bei unserem Besuch im Oktober letzten Jahres ausgerufen. Der Tag soll um 10:00 mit dem Finale beginnen und um auf jeden Fall pünktlich zu sein, beschließen Frieder und ich, mit dem Taxi direkt nach Jumansar zu fahren, während die anderen noch einen Abstecher zum sonntäglichen Markt in Farafenni machen wollen. Pünktlich erreichen wir das Spielfeld in Jumansar, aber wir sind in Afrika, natürlich beginnt das Spiel erst so gegen 12:30. Bis dahin haben sich mehrere hundert Zuschauer eingefunden und man merkt den beiden Mannschaften an, dass sie hochmotiviert sind. Es spielt Chamen gegen Jumansar, die sich in den Vorrundenspielen gegen Dutabullu durchgesetzt haben.

Anstoß

Chamen spielt definitiv besser und gewinnt verdient und unter großem Jubel der aus Chamen mitgereisten Dörfler 2:0. Glücklicherweise ist trotz der großen Motivation das Spiel immer fair verlaufen und keiner hat sich ernsthaft verletzt. Jede Mannschaft bekommt einen Satz Trikots und einen neuen Ball. Der Sieger bekommt zusätzlich einen Satz Sporthosen und der zweite für jeden Spieler eine Trinkflasche. Die von meinen Söhnen Moritz und Mike aus ihrem Fundus gespendeten Pokale markieren den Höhepunkt der Siegerehrung. Auch der Schiedsrichter darf sich über eine neue Pfeife freuen. Ich glaube, dass die ganze Sache ein Erfolg war und wir unser Ziel, die drei von der RDO unterstützten Dörfer einander etwas näher zu bringen, erreicht haben. Das nächste mal sind die Mädchen dran, dann wird Volleyball gespielt.

Die Jungs von Chamen

Unsere Mitstreiter, die den Sonntagsmarkt besuchen wollten, kommen trotz des verspäteten Spielbeginns im übrigen erst zur Halbzeit an. Bei all der farbenfrohen Geschäftigkeit dort vergeht die Zeit mit Einkäufen lokaler Besonderheiten, der Notierung der Gemüsepreise und der Erforschung gambischer vs. senegalesischer Markt- bzw. Produktpräsenz wie im Flug. Weitere Zeit geht verloren, als sie auf dem Weg zum Spiel in Jumansar nicht umhin kommen, dem District Chief ihre Aufwartung zu machen. Endlich in Dorfnähe angelangt, hat ein berittener Spähtrupp bereits ihre Ankunft vermeldet. Ein Pulk von trommelnden, tanzenden Menschen empfängt sie, Maskenmänner schwingen Macheten, springen vor dem Auto in beschwörendem Tanz.

Tanzende Menge

Ein grandioser Empfang, das hat noch keiner so erlebt. Sarah springt mit ihrer Kamera auf den vorausfahrenden Pick-up, auf dem die ebenfalls anwesende gambische Presse die Szene ablichtet. Auch die anderen verbleiben nicht lange in ihrem Auto. Unter Trommelwirbel, ekstatischen Tanzritualen und Geisterbeschwörung werden sie durchs Dorf geleitet, Lars hoch zu Ross, Julie und die anderen erdrückt von Umarmungen, und eine ganze Weile kommt der Tross entweder überhaupt nicht oder nur im Schrittempo voran. Eine wirklich gute Ausrede für ihre verspätete Ankunft beim Finale.

Maskenmänner mit Beute

Nach dem Finale und der Siegerehrung gibt es Mittagessen beim Alkalo: Reis mit Rindfleisch und grüner Salat mit Tomaten. Es schmeckt gut, ich hoffe nur, dass wir es auch genauso gut vertragen. Der Alkalo ist aufgeregt wie ein kleiner Bub zu Weihnachten, aber das ist ja auch zu verstehen angesichts der Tatsache, dass das Dorf mit dem heutigen Tage erstmals eine Wasserversorgung haben wird.

Für die Einweihungsfeier haben Nuru und Jamu sich sehr ins Zeug geworfen und eine ganze Reihe von Honoratioren bis hin zum Minister für die lokale Verwaltung eingeladen, und auch das Fernsehen und die Presse ist vertreten. Frieder und ich sind uns nicht ganz sicher, ob das alles wirklich was bringt, aber Nuru und Jamu haben mit Unterstützung von Edith im Vorfeld insistiert und wir mussten zurückstecken. Frieder muss mehrere Interviews geben, und wir alle werden dem Minister vorgeführt. Was man nicht alles für den guten Zweck tut. Die Einweihungsfeier selbst gerät durch die vielen Redebeiträge etwas langatmig, aber das muss wohl so sein, und zum Glück sorgen die prächtig gekleideten Frauen hier und da für etwas Abwechslung.

Frauen von Jumansar

Danach macht sich der ganze Tross auf den Weg, den Gemüsegarten zu besichtigen, um anschließend die Wasseranlage feierlich in Betrieb zu nehmen. Der Garten sieht ordentlich aber nicht ganz so gut wie in Dutabullu aus, es ist doch eine Riesenfläche. Vielleicht zu groß für das Dorf? Später werden wir noch vertiefter über den Zusammenhang von Dorf- und Gartengröße diskutieren. Das angebaute Gemüse ist vielfältig mit gesund aussehenden Früchten, aber auch hier gibt es zuviel Zwiebeln. Als schließlich die Inbetriebnahme der Wasseranlage durch Lars unterstützt durch Edith und den Minister (denke jeder darüber, was er will) erfolgt, ist die Sonne bereits im Untergehen begriffen.

Julie und Lars am Bohrloch

Die für den Abend vorgesehene Party mit Trommelmusik und dergleichen muss wegen zweier kürzlicher Todesfälle dann allerdings leider ausfallen. Unter diesen Umständen geziemt es sich nicht, lautstark zu feiern. Aber wir sind auch so ganz gut geschafft und nicht jeder ist unglücklich darüber, zu Eddy’s Hotel aufzubrechen. Beim Abendessen mit den obligatorischen Chips mit Hühnchen oder Omelette ist auf jeden Fall für genügend Gesprächsstoff gesorgt. Den Rest erledigt angenehm kühles Bier.

10. März

Gegen 8:00 treffen wir uns zum Frühstück. Die Delegation der Lufthansa will am Vormittag für ein paar Filmaufnahmen noch einmal einen Abstecher nach Dutabullu machen, bevor es am Nachmittag für sie bereits zurück in die Heimat geht. Frieder und ich wollen den Tag nutzen, um mit Nuru und Jamu über den Stand der Dinge zu sprechen. Wir sitzen dafür den ganzen Tag bei Eddy’s zusammen. Die Ergebnisse habe ich während des Meetings protokolliert, wobei ich mich im Folgenden auf die kurzfristig einzuleitenden Maßnahmen beschränke:

– Water/Cow Fee: bis auf einige geringfügige Beträge in Dutabullu ist alles bezahlt. Die Water Fee ruht vereinbarungsgemäß bis 31. März, lediglich die Cow Fee in Dutabullu (50 Butut pro Kuh und Monat) wird weiter erhoben. Probleme gibt es hier mit den Dörflern des Nachbardorfes Samatamba, die die Tränke für ihre Kühe mitbenutzen, aber bisher noch nicht dafür bezahlen. Jamu wird gebeten, hier rigoros in Abstimmung mit den Dörflern von Dutabullu durchzugreifen.

Kühe woher auch immer

In allen drei Dörfern sind mittlerweile Strukturen geschaffen, die sicherstellen, dass der Verbauch gemessen wird und die Water Fee ab April (zunächst 0,50 Dalasi pro 20 Liter-Kanister) vollständig und richtig erhoben werden kann. In gewisser Hinsicht ist der April damit ein Neustart und es bleibt abzuwarten, ob es auf dieser Basis jetzt klappt. Zumindest gedeihen jetzt die Gärten, wenn auch mit zuviel Zwiebeln, sodass das notwendige Einkommen im Grundsatz erzielbar sein sollte.

– Anbauplanung in den Gemüsegärten: es besteht Einigkeit, dass wir die Dörfler nicht zwingen können, auf ihren Beeten bestimmte Gemüsesorten anzupflanzen, aber es sollte gemeinsam geplant werden, um nicht am Markt vorbei zu produzieren. Da der nächste Zyklus vor der Tür steht, wird Jamu gebeten, geeignete Schulungsmaßnahmen mit höchster Priorität umzusetzen. Ziel muss es sein, die Dörfler zu einer größeren Vielfalt beim Anbau anzuhalten. Ergänzend soll darüber nachgedacht werden, wie ggf. über die Finanzierung der Samen bzw. Setzlinge entsprechende Anreize gesetzt werden können. Auf keinen Fall sollten wir die Anpflanzung von weiteren Zwiebeln fördern.

zu viele Zwiebeln

– Marketing und Verkauf: mittlerweile hat Jamu einen Stand auf dem Markt in Aussicht gestellt bekommen und begonnen, erste Kontakte mit grösseren potentiellen Kunden (Hospital, Militär und ähnliches) und Händlern zu knüpfen. Sein stärkstes Verkaufsargument ist, auf Gambia vs. Senegal zu setzen, denn in der Tat ist der (Gemüse)Handel in Farafenni stark von Senegalesen dominiert. Wir ermutigen ihn, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen, betonen aber, dass die Priorität im Moment sein muss, eine Lösung für die anstehende, riesige Zwiebelernte zu finden. Die Dörfler werden die Erntemengen nicht ohne Unterstützung verwerten können und wir haben hier eine Notwendigkeit und Möglichkeit, den Nutzen der RDO zu demonstrieren. Als Lösungsansätze stehen sowohl eine geeignete Lagerung als auch Verkäufe an den Großhandel zur Diskussion. Am Ende wird es wohl eine Kombination aus beidem sein.

– Weiterverarbeitung/Konservierung: angesichts der anstehenden Produktionsmengen, aktuell der anstehenden Tomatenernte in Jumansar, steht die Frage der Weiterverarbeitung und Haltbarmachung im Vordergrund, da ein sofortiger freihändiger Verkauf dieser Mengen auf den lokalen Märkten nicht zu machen ist. Als ersten Schritt wollen wir prüfen, ob es den Dörflern mit geeigneter Unterstützung möglich ist, die Tomaten in Tomatenmark weiterzuverarbeiten und dieses in Gläsern haltbar zu machen. Tomatenmark ist ein stark nachgefragtes Produkt und diese Vorgehensweise erscheint uns deshalb als pragmatische und vor allem machbare Lösung.  Jamu wird gebeten, diese mit Nachdruck weiter zu verfolgen, da dieTomaten bereits in den nächsten vier Wochen ihre Reife erreicht haben werden. Alle weiteren Aktivitäten in dieser Richtung wollen wir von den weiten Erfahrungen abhängig machen. Zu klären wird unter anderem sein, ob und zu welchem Konditionen ausreichend Gläser zu bekommen sind.

zu viele Tomaten

– Accounting: ich spreche mit Jamu die Cash Books von Oktober bis Februar/März durch. Einiges ist zunächst zwar verwirrend, aber bis auf einige wenige, vernachlässigbare Positionen kann Jamu alles erklären. Das ist gut, dennoch ermahne ich ihn, seine Bücher in Zukunft etwas klarer zu führen und er kann das auch. Ab sofort muss im übrigen jetzt ein Cash Book für Jumansar geführt und ein Bankkonto eröffnet werden, Jamu wird sich darum kümmern. Am Nachmittag gesellt sich Momodou zu uns und wir sprechen den Abschluss zum 31.12.2013 durch. Von ein paar Kleinigkeiten abgesehen sieht es gut aus und Momodou wird die Korrekturen durchführen und einen korrigierten Abschluss herumschicken. Auf Basis der zur Water Fee gemachten Ausführungen lässt sich das Geschäft nun auch relativ gut modellieren und ich verpflichte mich, im Nachgang ein entsprechendes Excelsheet zu basteln. Auf dieser Basis sollten wir dann in der Lage sei, für die Zeit ab April ein belastbares Budget zu erstellen. Langsam kommt etwas Stabilität in die Zahlen.

Es kommt noch eine lange Liste von hier nicht weiter ausgeführten To Do‘s zusammen, aber die kurzfristigen Prioritäten sind sehr klar: 1. Verarbeitung der Tomaten zu Tomatenmark, 2. Verwertung der Zwiebelernte und 3. Verbesserung der Anbauplanung für den unmittelbar anstehenden Zyklus. Und über allem steht die Herausforderung, ab dem 1. April endlich erfolgreich die Water Fee einzuziehen. Wir müssen überlegen, wie wir Nuru und Jamu bei diesen Themen in den nächsten Tagen und Wochen enger begleiten und unterstützen können.

Das Meeting unterbrechen wir nur einmal, um uns gegen Mittag herzlichst von Rita, Sarah, Klaus, Julie und Lars zu verabschieden. Es waren drei intensive Tage mit ihnen und schön, sie kennenzulernen. Auf die Filmaufnahmen und was Sarah und Rita daraus machen werden, bin ich sehr gespannt. Ansonsten tagen wir bis in den frühen Abend. Zum Schluss haben wir alle das Gefühl, ein sehr produktives Meeting gehabt zu haben.

Zum Abendessen gibt es zur Abwechslung mal Fisch mit Reis und es schmeckt gut. Die Atmosphäre ist nach den langen Gesprächen über den Tag entspannt. Wegen der guten Fortschritte, die wir heute gemacht haben, beschliessen wir, bereits am nächsten Tag gemeinsam mit Nuru zurückzufahren und im Leybato Hotel zu übernachten. Das bringt uns einen Tag Entspannung am Strand.

Später am Abend finden sich noch zwei junge Männer am benachbarten Tisch ein, einer von ihnen heißt Lamin, den Namen des anderen habe ich vergessen. Sie behaupten von sich, die führenden DJs von Farafenni zu sein und wir tauschen uns etwas über Musik aus. Mein iPad erweist sich dabei als sehr hilfreich. Die Buben sind Zwillinge und machen einen sehr aufgeweckten, „street smarten“ Eindruck. Darüber hinaus sind sie erfahrene Raucher und Frieder und ich ziehen gerne mal an der angebotenen Zigarette. Es wird ein lustiger Abend, wir haben beide lange nicht mehr geraucht.

11. März

Nach dem Frühstück gegen 8:00 verhackstücken Edith, Frieder und ich mit Jamu, Buba und Musa die letzten offenen Themen, während Nuru mit seinem Vater seine Mutter besucht, die mittlerweile von Nurus Schwester betreut und gepflegt wird. Edith konzentriert sich mit den Dreien dabei auf den Stand in den Gärten. Es ist jetzt wichtig zu beachten, dass wir nur noch acht bis zehn Wochen für den nächsten Pflanzzyklus haben, bevor die Beete für die kommende Regenzeit wieder für die Einsaat von Mais und die Verpflanzung von Reissetzlingen bereitet sein müssen. Wir müssen die Rechtzeitigkeit der Pflanzungen noch besser einüben, um eine bessere Produktivität in den Gärten zu erreichen.

Reisernte in Jumansar

Auch müssen wir vermehrt die Vermarktungslage beachten, denn es sind beispielsweise die Preise für Tomaten wegen eines Überangebots verfallen. Jetzt hilft nur noch die Weiterverarbeitung zu Tomatensauce, -mark oder -ketchup. Edith wird wohl in den nächsten zwei bis drei Wochen nochmal zum Einkochen kommen. Sowieso wollen wir, auch unter Einbindung der Jugendlichen, mit Trainings und Workshops in die Wertschöpfungskette der Nahrungsmittelverarbeitung investieren. Aber Schritt für Schritt, erstmal sind wir froh, dass der Gemüseanbau ins Laufen kommt und insbesondere die Frauen in Dutabullu vorbildlich Ediths Rat nach gemischtem Gemüseanbau gefolgt sind, die Beete sehen gut aus.

Gegen Mittag ist Nuru zurück und wir sind mit allem durch, sodass wir den Rückweg nach Fajara antreten können. Die Rückfahrt ist weitgehend ereignislos und gegen 18:30 erreichen wir das Leybato Hotel. Es ist immer noch recht kühl am Atlantik. Wir ziehen an, was wir haben, um nicht zu frieren. Zum Abendessen gibt es Fisch mit Reis, sehr gut. Da das Leybato Hotel über einen Fernseher verfügt, kommen wir darüber hinaus in den Genuss, das Rückspiel der Bayern gegen Arsenal live verfolgen zu können. Natürlich kommen die Bayern nach ihrem Hinspielsieg mit einen 1:1 weiter, sie scheinen zur Zeit nicht zu schlagen zu sein. Umso schlechter scheint es um Uli Hoeneß zu stehen. Wir lesen fassunglos, dass es sich mittlerweile bei den von ihm hinterzogenen Steuern um Beträge über 20 Millionen Euro handelt. Wann handelt der Aufsichtsrat der Bayern?

e la nave va

12. März

Das Wetter ist gut, trotzdem ist es frisch. Nach dem Frühstück gehen Frieder und ich eine Runde laufen und ich gönne mir eine Massage, sehr erholsam. Den Nachmittag nutze ich, um diesen Reisebericht zu schreiben. Es ist wie immer sehr entspannt im Leybato Hotel. Gegen 17:30 geht es zum Flughafen. Mal sehen, ob es noch mit der Business Class klappt, morgen früh geht es direkt in die Aufsichtsratsitzung von ProSiebenSat.1 in München. Und es klappt, Danke an Brussels Airlines.

Banjul, im März 2014

Götz Mäuser

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