Ein Mann pflückt gegen Europa

Kommentar zum ZEIT-Artikel Ein Mann pflückt gegen Europa –
wie Tomaten aus der EU afrikanische Bauern zu Flüchtlingen machen

Am 17. Dezember 2015 erschien im Wirtschaftsteil der Zeitung DIE ZEIT ein bemerkenswerter Artikel über die Zukunft der ghanaischen Wirtschaft und das geplante Wirtschaftspartnerschafts- abkommen, kurz WPA, zwischen Afrika und der EU. Die Autoren Matthias Krupa und Caterina Lobenstein erklären darin, warum die europäische Handelspolitik den afrikanischen Bauern schadet und wie von der EU subventionierte Agrarprodukte die nationale Produktion in Ghana zum Erliegen bringen. Der akute Mangel an beruflichen Perspektiven lässt viele, gerade junge Menschen nach einer vermeintlich besseren Zukunft in Europa suchen. Wir kennen die Problematik aus unseren Projekten. Sabab Lou-Gründer Friedrich Keller-Bauer hat in einem Brief an die Autoren den Artikel kommentiert.

Sehr geehrte Frau Lobenstein, sehr geehrter Herr Krupa,

Ihr Artikel trifft ins Schwarze.

Das Schlimme daran ist, daß die Politiker sich dieses Problems bewußt sind, sie aber nicht in der Lage oder nicht willens sind, es anzugehen. In einem Gespräch mit einem Staatssekretär des BMZ vor gut 5 Jahren erwähnte ich den Fall, daß ich in einem kleinen Hotel in Dakar morgens Oldenburger Butter serviert bekam. Ja, man sei im Gespräch mit der damaligen Agrarministerin Aigner und auch mit den EU-Behörden, es sei halt nicht so einfach. Es mag zynisch klingen, daß es noch schlimmer kommen muß, der Leidensdruck, den die Flüchtlingskrise hervorruft, noch nicht groß genug ist. Bis heute hat sich noch kein deutscher und kein EU-Politiker zu dem Eingeständnis durchgerungen, daß sie mit der Subventionierung einer ohnehin schon hochtechnisierten und rationalisierten Agrarwirtschaft die Flüchtlingskrise, was Subsahara-Afrika angeht, mitverursacht haben und weiterhin anstacheln. Eine Umkehr der Agrarpolitik zeichnet sich nicht ab. Wir handeln verantwortungs- und rücksichtslos.

Die Stiftung Sabab Lou führt zwei größere landwirtschaftliche Projekte durch, eines in Gambia, das andere in Ghana. Beide Projekte sollen Einkommen generieren und den Beteiligten eine wirtschaftliche Perspektive bieten. In dem gambischen Projekt wird auch eine große Menge an Tomaten produziert. In beiden Fällen stellen wir seit zwei Jahren einen deutlichen Rückgang der Abwanderung von Jugendlichen fest.

Können wir ins Gespräch kommen? Die Einladung, mit uns die Projekte zu besuchen, steht jedenfalls.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Friedrich Keller-Bauer

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