Frauen in der Verantwortung
Im Anoshe Women-Projekt im im Chereponi-Distrikt im äußersten Nordosten Ghanas fördert Sabab Lou eine Gruppe von 450 Frauen beim Anbau von Feldfrüchten. Leiter des Projekts ist Nicholas Lambini Kombat, der auch in Chereponi lebt und der um das beschwerliche Leben der Frauen in dieser ländlichen Gegend weiß. Die Organisation sorgt für Saatgut, für die Bereitstellung von Pflugdiensten, sie betreut die Frauen während der gesamten Reifephase, sie bietet die Einlagerung der Ernte an und organisiert schließlich deren Verkauf. In der jetzigen Phase geht es uns darum, die Frauen in die Organisation und die Entscheidungsprozesse ihrer Gruppe einzubeziehen, bildlich gesprochen, sie mit ins Boot zu bringen und auch ans Ruder zu setzen. Die Steuerung des Projekts soll eine neu gegründete NGO übernehmen. Diese haben wir Rural Development Angels, kurz RDA, genannt. Vertreterinnen der Gruppe aus allen beteiligten Dörfern sitzen im Board, im Aufsichtsrat der RDA.
Bei unserem Besuch im Juni findet das dritte Treffen mit dem Board und dem Management-Team der Anoshe Women Group statt. Gespannt beobachten wir, wie die Frauenvertreterinnen ihre neue Rolle annehmen. Das Treffen verläuft überraschend. Nüchtern erstattet Nicholas Bericht über die Arbeit der Anoshe Women Group. Die Frauen sind angespannt, die Themen sind schwierig zu begreifen. Aber sie sind gewählt, sie sollen Informationen weitergeben, es herrscht konzentrierte Aufmerksamkeit.
Wir haben den Eindruck, dass die Frauen die Informationen nicht in ihren Alltag und in ihre Verantwortung übernehmen können, sie scheinen ihre Aufgabe noch nicht partizipativ zu begreifen. Wie auch, es ist neu, sie sind ungeübt, das Ziel noch fremd.
Ob sie eigentlich wüssten, wie viel Geld so ein Traktor kostet? Woher sollten sie das auch wissen? Die genannte Summe ringt ihnen Ehrfurcht ab. Ob sie wüssten, wie viel die Reparaturen an den Traktoren gekostet haben? Schweigen. Was würde passieren, wenn kein Geld da wäre um die Traktoren zu reparieren, gerade jetzt wo die Pflugdienste begonnen haben?
Jetzt sind sie hellwach. Sie zählen eins und eins zusammen und erkennen wie fragil das Gebäude aus Ausgaben und Einnahmen ist. Sie erkennen, wie wichtig Rücklagen sind, wie komplex die Logistik ist, wie groß die Verantwortung ist. Sie scheinen die Informationen nun in ihre Lebenswelt übersetzen zu können. Nicholas unterbreitet eine detaillierte Finanzaufstellung, es ist wie ein Erwachen. Es kommt eine bewegte und aufgeregte Diskussion zwischen den Frauen zustande. Nein, man muss es uns nicht übersetzen, wir möchten den Redefluss und das Engagement der Frauen nicht bremsen. Wir erahnen nur, dass sie die Bedeutsamkeit ihrer Rolle verstanden haben und beherzt die Verantwortung und die Mitarbeit übernehmen.
Wir staunen nur noch. Der Raum birst fast vor Kraft und Stärke und Selbstvertrauen. Sie nennen sich jetzt die „Angels“.