Begegnungen in Gambia

Unsere Freiwilligen über ihre persönlichen Erfahrungen mit Land und Leuten

Simon Kostelecky, Maximilian Kraft und Jonas Wilke, 3 Studenten die die letzten 3 Monate im Baddibu-Projekt alternative Kühlsysteme entwickelten und auch erbaut haben, erzählen über ihre persönlichen Eindrücke in dieser Zeit.

Gambia ist arm an Macht und Mitteln, doch reich an Menschlichkeit und Zuneigung. Die Menschen hier legen Wert auf Einigkeit und Frieden. „We are all one“ ist in diesem Kontext wohl der Spruch, den wir am häufigsten zu Ohren bekommen haben. Das zeigte sich uns gegenüber bei den herzlichen Empfängen in den Dörfern und beim Kontakt der Einheimischen untereinander, wenn beispielsweise ein Taxifahrer oder Mechaniker in einem Dorf strandete und sofort einen Schlafplatz angeboten bekam.

Mit Musik und Tanz werden die Gäste in den Dörfern des Baddibu-Projekts willkommen geheißen.

Nichtsdestotrotz wollen die allermeisten Jugendlichen nach Europa oder Amerika fliehen. Fliehen – dieses Wort kann hier getrost verwendet werden, hinsichtlich ihrer ökonomischen Situation, aber auch der allgemeinen politischen Lage in Gambia. Während unseres Aufenthalts hatten wir regelmäßig Kontakt zu jungen Menschen, für die die illegale Abwanderung, sie nennen es „backway“, eine ernsthafte Überlegung war. Gut gemeinte Ratschläge wie: „Die Arbeitsplatz- situation in Deutschland ist nicht so, wie ihr euch das vorstellt“ oder „Der Weg ist viel zu gefährlich – ihr könnt umkommen“, helfen da nichts. Viele der Menschen sind sich den Gefahren durchaus bewusst, sehen aber im eigenen Land keinerlei berufliche Perspektive oder gar die Chance auf gut bezahlte Arbeit. Mit dem Anfang 2015 gestarteten Small Business-Projekt setzt Sabab Lou genau an dieser Stelle an. Unternehmerische Vorhaben, die im Zusammenhang mit dem Hauptprojekt stehen, werden mit einem Darlehen gefördert. Solche Projekte sind zum Beispiel die Weiterverarbeitung von Gemüse und Früchten, der Transport in die Touristenzentren an der Küste oder der Groß- und Einzelhandel mit den Produkten aus den Gärten. Dieses Angebot soll jungen Menschen den Aufbau einer beruflichen Existenz in Gambia ermöglichen.

Edrissa mit seinem Freund Mbelly (v.l.n.r.) an seinem Stand auf dem Markt von Farafenni. Das Small Business-Projekt gibt jungen Menschen eine berufliche Perspektive in ihrer Heimat Gambia.

Oft haben wir mit den Menschen aus der Region über ihre Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa gesprochen. Sie sind uns ganz besonders ans Herz gewachsen. Der Abschied fällt uns dadurch besonders schwer, denn womöglich ist es ein Abschied für immer. Wir wissen, dass sich einige Menschen auf den Weg nach Europa machen wollen und den Kontinent, durch welche grausamen Zwischenfälle auch immer, vielleicht nie erreichen werden. Aber es gibt hier auch einige wenige Beispiele, die Geschichten einer hoffnungsvollen Zukunft für das Land Gambia erzählen. Tahir Bah aus dem Dorf Dutabullu ist Labortechniker. Seine Vision ist es, ein Labor für allerlei medizinische Dienstleistungen in Farafenni zu eröffnen. Dieses Labor würde dem örtlichen Krankenhaus Konkurrenz machen, denn dort werden laboratorische Dienstleistungen zu hohen Preisen angeboten. Medizinische Untersuchungen, wie der in dieser Region so wichtige Malaria-Schnelltest, wären bei Tahir Bah für alle Menschen erschwinglich. Allerdings möchte auch Tahir das Land für eine gewisse Zeit verlassen, um international Berufserfahrung als Labortechniker zu sammeln. Wir haben ihm mit Informationen bezüglich eines Auslandspraktikums bei Seite gestanden. Dies wird sich allerdings alles andere als einfach gestalten. Neben Tahir Bah stimmen uns auch die Geschichten der begeisterten Kühlsystem-Mithelfer und Miterbauer hoffnungsvoll.

Die Studierenden mit Projektleiter Jamu Ceesay (zweiter von links), Mbelly (rechts) und ihrem Professor Dr. Jürgen Werner von der Universität Stuttgart.

Und natürlich gibt es da noch Jamu Ceesay, den Leiter der RDO (Rural Development Organisation), Sabab Lou’s Nicht-Regierungs-Organisation in Gambia. Jamu ist für uns eine sehr inspirierende Persönlichkeit und ein Glücksgriff für die Stiftung Sabab Lou. Denn Jamu denkt selbst. Er spricht mehrere Stammessprachen und ist mit den vielfältigen kulturellen Prägungen seines Landes Gambia vertraut, verfügt aber auch über „westliches Wissen“. Jamu hat uns dabei geholfen, uns in Gambia zurechtzufinden und zu integrieren. Durch ihn wurde die Kommunikation mit den Dorfbewohnern und der kulturellen Austausch zwischen Afrika und Europa zu einem Kinderspiel. Jamu möchte etwas verändern in seinem Land.

Simon, Maximilian und Jonas präsentieren die alternativen Kühlsysteme.

Zum Abschluss möchten wir noch einen Einblick in unseren Projektalltag geben. Die meiste Zeit haben wir in Farafenni verbracht. Unser Tag begann gegen 8:00 Uhr mit einem ausgiebigen Frühstück, zu dem in Farafenni „Tapalapa“ mit verschiedenen Aufstrichen gereicht wird. Tapalapa ist ein baguette-ähnliches Weißbrot, das es auf dem Markt mit Omlett oder Bohnen zu kaufen gibt. Danach ging es mit dem Fahrrad in die einzelnen Dörfer. Durch die Fahrräder waren wir unabhängig, was ein effektives Arbeiten ermöglicht hat. In den Dörfern sind wir dann bis abends vor Sonnenuntergang geblieben, entweder mit Mittagspause im Dorf selbst oder in unserem Appartement. Wir hatten das Glück, dass die Frauen des Appartementbesitzers – Polygamie ist in Gambia weit verbreitet – täglich für uns gekocht haben. So hatten wir mehr Zeit in den Dörfern und konnten uns ganz mit dem Bau der Kühlsysteme zu beschäftigen. Die drei Monate in Gambia haben eine starken Eindruck bei uns hinterlassen.

Über ihre Arbeit an den alternativen Kühlsystemen berichten die drei Studierenden in dem Beitrag Drei Monate in Gambia auf unserem Blog.

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