Felix Grethlein ist seit Ende letzten Jahres Praktikant bei der First Step Foundation in Ghana. In seinem aktuellen Blogbeitrag schreibt er über das gesellschaftliche und politische Umfeld, in dem die First Step Foundation arbeitet und die Kreditnehmerinnen wirtschaften. Lesen Sie

Aboffour Markt in Offinso, Ghana
Ich habe nun schon mit mehreren Ghanaern über Geld, Entwicklungshilfe und die allgemeinen Probleme des Landes gesprochen. Nana, der eigentlich Clement heißt, hat mir sogar seinen Lebensunterhalt offengelegt. Er verdient gut 300 Cedi pro Monat (knapp 60 Euro) und gibt alleine 70 davon für die Miete in einem sehr kleinen Zimmer aus. Die durchschnittliche Miete für ein Einzelzimmer in Accra beträgt gut 100 Cedi. 20 Euro umgerechnet erscheinen doch recht erschwinglich; auf dem Land sind es gar nur 5 bis 10 Euro. Allerdings ist es gerade für junge Hauptstädter üblich einen Teil des Einkommens an die Familie zu spenden. So fließen mindestens 120 Cedi von Nanas‘ Verdienst an seine Mutter und Geschwister. Nach weiteren 60 Cedi für Konsum und zusätzlichen Ausgaben für Strom und Wasser bleiben ihm noch ca. 10 Cedi pro Monat, was umgerechnet keine 2 Euro sind. Um das Verhältnis deutlicher zu machen: Davon kann man sich ca. eine bis zwei Mahlzeiten leisten. Nana möchte deshalb Elektriker werden und sucht nach Arbeit in den Nachbarländern. So richtig motiviert wirkt er leider nicht. Die Regierung zeige ein geringes Interesse die Situation der Jugend zu verbessern.
Die Politik wird auch von Kwame ins Fadenkreuz genommen. Seiner Meinung nach ist nicht annähernd ein strategisches Regierungskonzept zu erkennen. Hinzu kommt, dass die beiden einzigen großen Parteien vollkommen unterschiedliche Ansichten haben. Die Regierung stelle so auch kein Vorbild für die Gesellschaft dar. Jeder gebildete Ghanaer rieche das große Geld und denke deshalb ausschließlich an den eigenen Wohlstand. Die Schere zwischen bitterer Armut und Reichtum sei daher extrem. Leider profitierten die Armen nicht von einer Gemeinwohlförderung durch das kapitalistische System, wie es in anderen Ländern der Fall ist. Kwame erkennt nur sehr wenige Bemühungen die Infrastruktur zu verbessern und das Bildungssystem nachhaltig zu unterstützen. Während ich das schreibe, läuft im TV ein Spot, der die Leute mahnt Steuern zu zahlen und gleichzeitig die Investitionen des Staates zeigt. Tatsächlich sind alle gezeigten Baumaßnahmen in Accra und nicht auf dem Land. Adressiert werden in dem Clip vor allem die kleinen Leute: „Und hast du noch so ein geringes Einkommen, zahle deine Steuern!“ Genau das kritisiert Kwame ebenfalls.
Mich überraschen diese Erzählungen etwas, da Ghana als eine der vorbildlichen Demokratien Afrikas eingeordnet wird (Democracy Index). Deshalb werde ich versuchen diese und ähnliche Themen weiter zu untersuchen.
Felix Grethlein ist seit Dezember 2017 Praktikant bei unserer Partnerorganisation, der First Step Foundation, in Ghana. In seinem Blog „Tausche Spätzle gegen Fufu“ diskutiert er immer wieder auch politische und gesellschaftliche Themen.